Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Feuer sollen die Obstblüte schützen
Landwirte am bayerischen Bodensee bereiten sich auf Frostnächte vor – Oberdorfer Bauern arbeiten mit Beregnung
LINDAU (dik) - Wetterfachleute haben zwei eiskalte Nächte angekündigt. Damit der Frost die Obstblüte nicht zerstört, zünden Obstbauern Feuer in den Anlagen an. Sie bitten Anwohner um Verständnis. Kollegen in Langenargen-Oberdorf hatten wie berichtet vergangene Woche ihre Felder beregnet, um die Pflanzen mit einer Eisschicht vor der klirrenden Kälte zu schützen.
Apfel- und Birnbäume blühen zwar noch nicht, aber die Blütenstände sind schon voll ausgebildet, erklärt Andreas Willhalm im Gespräch mit der SZ. Der Obstbauer ist VizeVorsitzender des Bayerischen Bauernverbandes im Landkreis und hat am Samstag auf die Schnelle mit seinen Kollegen besprochen, was sie gegen den drohenden Frost machen können. Denn die Bauern wollen auf jeden Fall eine Katastrophe wie 2017 vermeiden, als Frost während der Blütezeit die komplette Jahresernte zerstört hat.
Vor allem im Bereich Oberreitnau und in anderen höheren Lagen seien Teile der Blüten zwar schon betroffen, berichtet Willhalm. Aber den meisten Obstbauern droht der Schaden erst jetzt, da Wetterfachleute für die Nächte auf Dienstag und Mittwoch einen Wintereinbruch mit bis zu minus fünf Grad ankündigen.
Nach dem Vorbild anderer Obstbauern in Deutschland und Österreich, die damit in den vergangenen Nächten schon gute Erfolge erzielt hätten, wollen viele der Landwirte am bayerischen Bodensee in ihren Anlagen Feuer entzünden. Denkbar sind Feuerschalen oder Blechtonnen, in denen Holzhackschnitzel brennen, ebenso wie große ParaffinKerzen. Willhalm kann nicht alle seiner mehr als 30 Parzellen schützen, aber er weiß aus Erfahrung, wo bei Frost als erstes Schäden drohen. Dort will er im Abstand von acht Metern Tonnen mit Holzhackschnitzeln aufstellen, um diese jeweils kurz vor Mitternacht anzuzünden.
Landrat Elmar Stegmann hat den Landwirten dafür kurzfristig eine Genehmigung erteilt. Denn eigentlich hatte der Landkreis am Freitag das Abbrennen von Mottfeuern verboten. Im Westallgäu hatten solche Feuer zu Einsätzen der Feuerwehren geführt, die in Corona-Zeiten möglichst vermieden werden sollten, um die Ansteckungsgefahr unter den Rettern zu verringern, damit die Wehren einsatzbereit bleiben.
Die Landwirte mussten ihre Feuer deshalb bei den örtlichen Feuerwehren und bei der Leitstelle ankündigen. Willhalm berichtet, dass er seinen Nachbarn in Schönau außerdem Zettel in die Briefkästen werfen werde, um über die Notwendigkeit aufzuklären. Der Obstbauer bittet ausdrücklich um Verständnis für die Aktion, auch wenn der nächtliche Feuerschein und Rauch zur Folge haben werde. Aber einen zweiten Ernteausfall wie vor drei Jahren würden viele der heimischen Obstbaubetriebe nicht überstehen.
Und eine Frostberegnung, um die Blüten durch Eisschicht vor Schäden zu schützen, wie zum Beispiel in Oberdorf angewandt, komme in Lindau nicht infrage, weil dafür viele kilometerlange Wasserleitungen notwendig wären. Das sei kaum zu bezahlen. Und ein Anschluss solcher Anlagen an die normalen Wasserleitungen hätte im Ernstfall – alle Bauern stellen die Anlagen gleichzeitig an – wohl zur Folge, dass aus Wasserhähnen, Duschköpfen oder WCs der Haushalte kein Wasser mehr käme. Auch das wäre wenig sinnvoll. Deshalb bleibe den Obstbauern nur die Hoffnung, dass die Feuer die Temperaturen in den Obstanlagen tatsächlich um bis zu drei Grad anheben. Denn das würde die schlimmsten Schäden verhindern.