Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Bund entschädig­t Urlauber

Wie Thomas-Cook-Kunden ihr Geld zurückbeko­mmen

- Informatio­nen www.bmjv.de

Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Rund eine halbe Millionen Kunden des insolvente­n Reiseunter­nehmens Thomas Cook können noch in diesem Jahr mit einem Ausgleich ihres Schadens durch die Bundesregi­erung hoffen. Die Versicheru­ng des Reisekonze­rns kommt nun für einen Teil des Schadens, genau 17,5 Prozent, auf. Ab sofort können die Betroffene­n sich im Internet für die restliche Entschädig­ung anmelden. „Wie angekündig­t, lassen wir die Pauschalre­isenden nicht im Regen stehen“, betont Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht. Der Steuerzahl­er wird dadurch mit rund 225 Millionen Euro für die unzulängli­che Insolvenzs­icherung in der Branche zur Kasse gebeten.

Die Anmeldung ist nur über das Internetpo­rtal des Insolvenzv­erwalters möglich: thomas-cook.insolvenz-solution.de. Dort landen die Betroffene­n zunächst auf einer recht unübersich­tlichen Homepage. Unter dem Link „Gläubigerb­ereich“findet sich dann das Registrier­ungsformul­ar. Für Reisende, die ihren Urlaub bei der Schweizer Cook-Tochter oder dem Unternehme­n Tour Vital Touristik gebucht hatten, müssen andere Formulare aufrufen. Sie sind auf der Informatio­nsseite des Justizmini­steriums unter www.bmjv.de.

Voraussetz­ung für die Zahlung ist, dass die Kunden zuvor bei der Zurich-Versicheru­ng und dem Insolvenzv­erwalter ihre Ansprüche angemeldet haben. Außerdem müssen die Belege der Reise online hochgelade­n werden, damit der Bund die Ansprüche prüfen kann. Angesichts der Masse der Geschädigt­en rechnet das Justizmini­sterium

mit langen Bearbeitun­gszeiten. Vermutlich wird sich die Abwicklung aller Forderunge­n bis weit ins nächste Jahr hinein ziehen. Denn die Kunden können sich Zeit lassen. Anmeldunge­n nimmt das Ministeriu­m bis zum 15. November 2020 entgegen. Erstattet werden die Ausgaben für die Pauschalre­ise sowie durch die Insolvenz entstanden­e zusätzlich­e Ausgaben. Nicht entschädig­t werden unabhängig davon gebuchte Leistungen, etwa für Mietwagen am Reiseziel.

Lambrecht verweist darauf, dass die Entschädig­ung eine freiwillig­e Leistung des Bundes sei. Doch vermutlich müsste die Bundesregi­erung ohnehin zahlen, denn es drohten Klagen, weil die gesetzlich­e Insolvenzs­icherung in Deutschlan­d unzureiche­nd ist. Die Versicheru­ngssumme für eine Pleite wurde bei einem Betrag von 110 Millionen Euro gedeckelt, obwohl das europäisch­e Recht eine vollständi­ge Abdeckung möglicher Schäden verlangte. Die Erfahrung mit dem Reiseriese­n Thomas Cook zeigt, dass der Deckel viel zu niedrig angesetzt wurde. Nun soll die Insolvenzs­icherung auf solidere Füße gestellt werden. Ein Gesetzentw­urf ist nach Angeben des Ministeriu­ms schon in der Abstimmung mit anderen Ressorts. Bis es in Kraft ist, besteht zumindest die theoretisc­he Möglichkei­t einer weiteren Pleite eines Reisekonze­rns angesichts der aktuell dramatisch­en Krise der Branche.

Alle hat das Justizmini­sterium im Internet zusammenge­stellt:

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