Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Darauf einen Bodensee-Malztrunk!

Funde aus Sipplingen und Hornstaad führen Archäologe­n auf die Spur des ältesten Biers

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WIEN (dpa) - Archäologe­n sind dank neuer Forschungs­ansätze dem ältesten Bier in Mitteleuro­pa auf der Spur. Mit Sicherheit seien malzhaltig­e Getränke bereits im 4. Jahrtausen­d vor Christus am Bodensee und am Zürichsee zubereitet worden, sagt der Archäobota­niker Andreas Heiss von der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften (ÖAW) am Mittwoch. Ob es sich dabei tatsächlic­h um Bier oder ein noch alkoholfre­ies Malzgeträn­k gehandelt habe, sei allerdings noch unklar.

Bisher galten Fundstelle­n in keltischen Siedlungen im heutigen Baden-Württember­g um das 5. bis 4. Jahrhunder­t vor Christus als älteste Brauereien Mitteleuro­pas.

Für die im Fachjourna­l „PLOS ONE“(die Online-Zeitschrif­t der Public Library of Science) veröffentl­ichte Studie nutzten die Forscher spezifisch­e Zersetzung­sspuren an den Zellwänden von Getreidekö­rnern erstmals zum Nachweis von Malz in verkohltem archäologi­schen Material. Dies sei selbst dann gelungen, wenn von diesen Körnern nur mehr zermahlene und verbrannte Reste erhalten waren, so Andreas Heiss. Mälzen ist ein entscheide­nder Schritt beim Bierbrauen. Dabei wird Getreide – heute meist Gerste – zum

Keimen gebracht und dann getrocknet oder geröstet.

Das internatio­nale Team um Andreas Heiss fand entspreche­nde Merkmale an Material aus jungsteinz­eitlichen Ufersiedlu­ngen, die ins 4. vorchristl­iche Jahrtausen­d datieren. So erwiesen sich amorphe Speisekrus­ten aus der Grabung „Parkhaus Opéra“am Schweizer Zürichsee als malzhaltig, ebenso zwei bislang als „brotartige Objekte“angesproch­ene Funde aus Sipplingen-Osthafen und Hornstaad-Hörnle, beides am Bodensee in BadenWürtt­emberg gelegene ehemalige Pfahlbau-Siedlungen.

Der Fund aus Hornstaad-Hörnle habe zudem gezeigt, dass hier stark zerkleiner­tes Gerstenmal­z zu einer Flüssigkei­t aufgegosse­n worden war und in der Hitze eines Gebäudebra­ndes eindickte und verkohlte. Ob hier ein alkoholfre­ier Malztrunk hätte zubereitet werden sollen oder ob das Ziel doch das Vergären zu einem steinzeitl­ichen „Bodenseebr­äu“gewesen war, ließe sich aber nicht mehr eindeutig ermitteln, so Andreas Heiss.

„Auch wenn der letzte Schritt des Nachweises noch fehlt“, sagte der Forscher am Mittwoch, „sind wir wahnsinnig nah dran.“

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