Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Lob für Notbremse, Zweifel an frühen Lockerungen
Wissenschaft sieht Zurückfahren der Corona-Maßnahmen skeptisch – Südwesten öffnet Gastronomie am 18. Mai
KÖLN/RAVENSBURG (dpa/dan) Öffnung der Gastronomie und Geschäfte, Rückkehr an die Schulen, Training im Freizeitsport: Bund und Länder haben weitreichende Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen vereinbart – und die Notbremse, wonach ab 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in sieben Tagen ein lokales Beschränkungskonzept greifen soll. Die Wissenschaft lobt dies, ist generell aber eher skeptisch.
„Die Notbremse ist entscheidend wichtig“, sagte Thomas Mertens, der Ständige Vorsitzende der Deutschen Impfkommission, am Donnerstag der „Schwäbischen Zeitung“. Lob dafür kam auch von Eva Grill, Professorin für Epidemiologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Sie sagte jedoch, man müsse sehen, ob die Grenze „tatsächlich niedrig genug ist“. Aus Sicht des Infektionsforschers Michael MeyerHermann
vom Braunschweiger Helmholtz-Institut kommen die Lockerungen zu früh. Zuletzt sei die Zahl der Neuinfektionen wieder gestiegen, erläuterte der Leiter der Abteilung System-Immunologie am Donnerstag. Die Politik habe „wahrscheinlich“eine Chance vertan, in relativ kurzer Zeit zu so niedrigen Zahlen zu kommen, dass bei Infizierten eine Kontaktverfolgung und eine Lockerung möglich gewesen wären.
Der Frankfurter Virologe Martin Stürmer kritisierte: „Wir wollen zu viel auf einmal. Das kann gewaltig nach hinten losgehen.“Er habe große Zweifel, ob die Sicherheitsmaßnahmen in der Gastronomie ausreichend eingehalten werden können.
Derweil präzisierte am Donnerstag die Landesregierung in Stuttgart den Fahrplan für die Gastronomie im Südwesten: Ab 18. Mai wird schrittweise wieder geöffnet.