Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Tübingens Oberbürgermeister Palmer bekommt Morddrohungen
TÜBINGEN (lsw) - Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) hat nach seinen umstrittenen Äußerungen zum Umgang mit Corona-Patienten Morddrohungen bekommen. Palmer sagte am Donnerstag, es werde ihm in Briefen und Mails der Tod gewünscht oder angedroht. Die Drohungen richteten sich auch gegen seine Familie. Er reiche die Schreiben, die größtenteils nicht anonym, sondern mit vollem Namen der Urheber unterzeichnet seien, an Polizei und Staatsanwaltschaft weiter.
Ein Sprecher der Tübinger Staatsanwaltschaft bestätigte, dass ein Teil bereits eingegangen sei – weitere habe Palmer angekündigt. Den Urhebern der Mails und Briefe drohen nach dem Strafgesetzbuch Geldstrafen oder Haftstrafen von bis zu einem Jahr. Palmer hatte zum Umgang mit hochbetagten CoronaKranken gesagt: „Wir retten in
Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären.“Dafür erntete er viel Kritik. GrünenMitglieder machten sich für einen Parteiausschluss stark. Palmer rechtfertigte seine Aussage mit der Sorge um armutsbedrohte Kinder vor allem in Entwicklungsländern, deren Leben durch die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns bedroht sei.
An diesem Freitagabend berät der Grünen-Landesvorstand in Stuttgart per Videoschalte über mögliche Ordnungsmaßnahmen gegen Palmer. Die Satzung der Landespartei listet folgende mögliche Maßnahmen gegen Parteimitglieder auf: Verwarnungen, Aberkennung der Leitungsfunktion, zeitweiliges Ruhen der Mitgliedsrechte bis zu zwei Jahren, Ausschluss aus der Partei. Im Falle von Palmer gilt ein Parteiausschlussverfahren als unwahrscheinlich.