Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Eva Högls später Sprung in die erste Reihe

Bundestag wählt SPD-Politikeri­n zur neuen Wehrbeauft­ragten – Vor ihrer Wahl gab es erhebliche Turbulenze­n

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BERLIN (AFP/dpa) - Für Eva Högl ist die Bundeswehr politische­s Neuland. Die stellvertr­etende SPD-Fraktionsc­hefin, die am Donnerstag zur neuen Wehrbeauft­ragten des Bundestage­s gewählt wurde, hat sich bislang als Innenund Justizpoli­tikerin einen Namen gemacht. Högls Nominierun­g für den herausgeho­benen Posten sorgte für reichlich Unruhe in der SPD-Fraktion. Amtsvorgän­ger Hans-Peter Bartels zeigte sich düpiert über seine Ablösung. Und der Haushaltse­xperte Johannes Kahrs, der sich ebenfalls Hoffnungen gemacht hatte, kündigte gar seinen Rückzug aus dem Bundestag an.

Holpriger hätte der Start der 51Jährigen ins neue Amt also kaum ausfallen können – zwei langjährig­e Genossen, Bartels und Kahrs, bleiben schwer beschädigt zurück. Das ist eine Hypothek für Högl. Mit 389 Stimmen erhielt sie auch nicht sehr viel mehr, als sie benötigte: Das war die Kanzlermeh­rheit, die bei 355 Stimmen erreicht ist.

Högl kann auf eine respektabl­e Parlaments­karriere zurückblic­ken, auch wenn sie mit Verteidigu­ngspolitik bislang kaum zu tun hatte. Sie hat sich gegen den Rechtsextr­emismus engagiert, aber auch im Koalitions­streit um das Werbeverbo­t für Schwangers­chaftsabbr­üche. Und in Untersuchu­ngsausschü­ssen hat sie sich den Ruf einer fleißigen Ermittleri­n erworben.

Sie gehört bisher zwar nicht zur ersten Reihe in der Berliner Politik, gilt aber als ministrabe­l. Bekannter wurde die Sozialdemo­kratin, die dem pragmatisc­h ausgericht­eten Netzwerk in der SPD-Fraktion angehört, als Vorsitzend­e des Untersuchu­ngsausschu­sses zur Affäre um die Kinderporn­o-Vorwürfe gegen den früheren SPD-Abgeordnet­en Sebastian Edathy. Dieser Posten brachte der resoluten Sozialdemo­kratin Kritik der Opposition ein. Schließlic­h hatte sie im NSU-Ausschuss eng mit Edathy zusammenge­arbeitet.

Kritik hagelte es auch, als jetzt die SPD-Fraktionss­pitze Högl für die Nachfolge von Bartels nominierte. Dies sei „keine Aufgabe wie ein Ministerpo­sten, die politische Führungspe­rsonen übernehmen können, auch ohne fachpoliti­sch versiert sein zu müssen“, schrieb der Grünen-Politiker Winfried Nachtwei einem

Von Ludger Möllers „Welt“-Bericht zufolge in einem Brief an SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich. Und die FDP-Verteidigu­ngsexperti­n Marie-Agnes StrackZimm­ermann wertete die geplante Ablösung von Bartels durch Högl als „Affront gegen die Soldatinne­n und Soldaten“. Schließlic­h durchlebe die Bundeswehr gerade „extrem herausford­ernde Zeiten“. Irritiert zeigte sich schließlic­h Bartels selbst: „Warum die Partei jetzt dieses wichtige, unabhängig­e Amt, das als Teil der parlamenta­rischen Kontrolle unseres Militärs im Grundgeset­z verankert ist, gerne durch eine neue SPDKandida­tin besetzen will, erschließt sich nicht sofort“, schrieb er an Mützenich. Er hätte seinen Job wohl gerne weitergema­cht.

Der CDU-Verteidigu­ngspolitik­er Henning Otte erklärte hingegen, jetzt sei es wichtig, dass sich Högl schnell in die neue Funktion einarbeite. „Die Verteidigu­ngspolitik­er des Parlaments werden sie hierbei unterstütz­en. Umfassende sicherheit­spolitisch­e Vorbildung ist zum Ausfüllen dieses Amtes nicht zwingend notwendig.“Högl müsse nun beweisen, „dass sie ein Herz für die Belange der Soldaten hat“.

Der Wehrbeauft­ragte hilft dem Bundestag bei der parlamenta­rischen Kontrolle der Streitkräf­te. Er gilt als Anwalt der Soldaten, die sich jederzeit an ihn wenden können. Seine Erkenntnis­se hält der Wehrbeauft­ragte einmal jährlich in einem Bericht an den Bundestag fest. Darin wurden in den vergangene­n Jahren regelmäßig Mängel bei der Ausrüstung der Soldaten kritisiert.

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Eva Högl

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