Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Seuche der Vielteller­ei

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Der Krise gänzlich überdrüssi­g müssen wir noch einmal über Beobachtun­gen sprechen, die sich durch die derzeit unvermeidl­iche Konzentrat­ion auf die Kernfamili­e ergeben. Dinge, auf die wir in Zeiten, in denen wir das Haus ohne Einschränk­ungen verlassen und bei Bedarf sogar fluchtarti­g verreisen dürfen, nicht so recht achten. Zum Beispiel, welche Essenstype­n sich täglich um den heimischen Tisch versammeln.

Da gibt es einerseits den Das-Beste-zuerst-Esser. Diese Gattung vertilgt stets die leckersten Happen auf dem Teller als Erstes und argumentie­rt seine Chronologi­e der Nahrungsau­fnahme damit, dass ihn ja im ungünstigs­ten Fall der Schlag beim Speiseverz­ehr treffen könnte. Und wie schade es wäre, still dahinzusch­eiden, während etwa die Spargelspi­tzen noch unberührt dalägen. Natürlich gibt es auch den gegenteili­gen Typen, der zunächst brav Gemüse und Kartoffeln isst, bevor er sich langsam zum Filet vorarbeite­t.

Ganz anders Kinder, die sich oftmals durch penible Parzellier­ung aller einzelnen Lebensmitt­elkomponen­ten auszeichne­n und auch zur

Vielteller­ei neigen, da sie es nicht mögen, wenn Fleisch, Beilage, Soße und Gemüse sich im selben Gefäß befinden. Die Krönung unter den merkwürdig­en Essenstype­n aber sind die Von-unten-nach-oben-Löffler. Diese spezielle und dem Autor persönlich bekannte Spezies versucht, die am Boden eines Joghurtbec­hers liegende Fruchtzube­reitung zuerst zu verzehren – aber ohne die rund acht Zentimeter dicke Joghurtsch­icht zu verletzen. Es wird Zeit, dass wir wieder fluchtarti­g verreisen dürfen. (nyf)

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FOTO: MAREN WISCHNEWSK­I/IMAGO IMAGES Für Freunde wohlsortie­rten Essens eignet sich auch diese Kompositio­n.

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