Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Corona-Krise wirbelt Match-Race-Kalender durcheinander
Charterbetriebe hoffen auf Boom in der Bodenseeregion – Sportboothäfen öffnen voraussichtlich am Montag
LANGENARGEN - Die Corona-Pandemie macht auch vor dem für die Bodenseeregion so wichtigen Wassersport am Bodensee nicht halt. Auch wenn ab Montag voraussichtlich die Sportboothäfen unter Auflagen wieder geöffnet werden sollen, ist die Unsicherheit im Bereich Ausbildung, im Charter- und Bootsverleih wie auch im Eventbereich seitens der Anbieter sehr groß. SZ-Mitarbeiter Andy Heinrich sprach mit Harald Thierer, Geschäftsführer des Match-Center Germany und Mitverantwortlicher der Hafenmeisterei in Langenargen, über Krisen und Chancen.
Das Match-Center Germany zeichnet sich für die Organisation des Match-Race Germany, eines der hochkarätigsten Segelevents der Welt, seit 23 Jahren verantwortlich. Der Termin zu Pfingsten wurde aufgrund der Pandemie in den September verschoben. Wie geht es Ihnen damit?
Diese Krise trifft uns alle, die komplette World-Tour, mit voller Wucht. Den Termin an Pfingsten konnten wir aus nachvollziehbaren Gründen nicht halten. Bedenken Sie, dass die Profisegler mit dem Flieger aus der ganzen Welt nach Langenargen anreisen müssen. Wir sind glücklich, dass wir mit unseren verlässlichen Sponsoren, der Gemeinde Langenargen mit Bürgermeister Achim Krafft und der World-Tour rechtzeitig einen Ersatztermin im September finden und fixen konnten.
Ein Jahr Vorarbeit also doch nicht umsonst?
Das können wir, Stand heute, natürlich so nicht sagen. Alles steht und fällt mit der weiteren Entwicklung dieser Pandemie und somit mit den entsprechenden politischen Entscheidungen und Vorgaben. Fakt ist, dass unser gesamtes Team sehr viel Herzblut und Engagement in diese traditionelle und äußerst beliebte Veranstaltung investiert.
Ein anderes Thema: Das MatchCenter Germany lebt unter anderem vom Chartergeschäft, aber
ANZEIGE auch von großen Firmenveranstaltungen auf dem Wasser und zu Land.
Die Buchungsrückgänge und Umsatzeinbußen in diesem Bereich sind heftig und auch im Falle einer Normalisierung der Situation quasi nicht mehr aufzuholen. Es wird ein sehr schwieriges Jahr werden, auch wenn unsere treuen Kunden viele Termine nicht storniert, sondern in den Sommer/Herbst verlegt haben. Glücklicherweise verfügen wir über mehrere Standbeine. Wir betreiben einen kompletten Bootsservice samt Winterlager im Rahmen des Werftbetriebs, so dass wir hier wichtige Umsätze generieren können. Die Hoffnung liegt in der voraussichtlichen Freigabe der Sportboothäfen ab Montag und der baldigen Wiederaufnahme unseres Chartergeschäfts.
Apropos Sportboothäfen. Welche aktuellen Informationen können Sie als Hafenmeisterei an die Skipper weitergeben?
Vorbehaltlich der konkreten Fortschreibung der Verordnung und in enger Abstimmung mit der Gemeinde Langenargen ist es ab Montag, 11. Mai, möglich, den Betrieb der Sportboothäfen bei uns wieder zuzulassen, wobei die entsprechenden Auflagen wie unter anderem die allgemeinen Kontaktbeschränkungen oder das nicht erlaubte Anlaufen von Häfen in Österreich und der Schweiz dringend zu beachten sind. Die Bootsbesitzer dürfen ihre Boote zu Freizeitzwecken nutzen und den See befahren, ein Verweilen auf den Schiffen dagegen ist nicht gestattet. Arbeiten an Bord werden wohl ebenso erlaubt werden, wie das Übernachten in den Häfen, sofern die
Bootsbesitzer hinsichtlich eigener Sanitäreinrichtungen autark sind. Detaillierte Informationen hierzu wird man in Kürze auf der Internetseite des Schifffahrtsamtes des Landratsamts Bodenseekreis entnehmen können.
„Glücklicherweise verfügen wir über mehrere Standbeine.“
Wie beurteilen Sie die Tourismusentwicklung in diesem Jahr am Bodensee?
Ich und unsere Kollegen gehen davon aus, dass wir am Bodensee, wenn auch zeitlich verspätet, einen enormen Zulauf an Gästen verzeichnen werden. Und genau hier liegt die Chance, die wir nutzen müssen. Die Menschen verzichten auf Flugund Fernreisen, meiden sonst so beliebte Destinationen wie Spanien oder Italien und setzen auf Urlaub im eigenen Land, wobei die Seeregion ganz vorne mitspielen wird. Das weckt bei uns die Hoffnung, dass die Auslastung unserer Charterflotte steil ansteigen wird und wir die schweren Einbußen etwas abfedern können. Es gilt, sich auf dieses Szenario einzustellen, wenngleich wir diese Situation vor allem während der Sommerferien ohnehin aus „normalen“Jahren kennen. Weiter würde ich gerne diese Krise als Chance nutzen, gemeinsam mit der heimischen Gastronomie noch enger zusammenzuarbeiten, um im Bereich Wassersport auf verschiedenen Ebenen zu kooperieren.
Harald Thierer