Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Der stärkste Mini aller Zeiten geht an den Start

Als GP-Modell mit 306 PS wird der kultige Kleinwagen vollends zur Spaßgranat­e

- Von Thomas Geiger

Der Tacho steht schon auf 230, und der Vortrieb will einfach nicht enden. Es ist noch so viel Dampf auf dem Kessel, dass selbst der Fünfer mit einem erschreckt­en Blick in den Rückspiege­l die linke Spur räumt und den Kleinwagen entgeister­t ziehen lässt, bis er mit 265 km/h gen Horizont entschwind­et. Herzlich Willkommen im Mini John Cooper Works GP, dem stärksten Mini aller Zeiten.

Das hätte sich John Cooper wohl kaum in seinen kühnsten Träumen ausmalen können, als er in den 1960er-Jahren mit dem Tuning des kultigen Kleinwagen­s begonnen hat. Denn schon 200 km/h waren damals für den Winzling unerreichb­ar. Doch mehr als 50 Jahre später stößt Mini in ganz andere Dimensione­n vor. Denn wenn jetzt zu Preisen ab 45 000 Euro die dritte GP-Generation an den Start geht, stehen erstmals 306 PS und bis zu 450 Nm im Datenblatt.

Möglich macht das ein Griff ins Regal der Konzernmut­ter BMW, der einen 2,0-Liter-Turbo zu Tage fördert, wie er zum Beispiel auch im M140i zum Einsatz kommt. Zwar ist das keine Überraschu­ng, schließlic­h gibt’s den Vierzylind­er hinter der weit aufgerisse­nen Front mit den roten Nüstern auch schon in Club und Countryman. Doch während er dort genau wie im Power-Einser ausschließ­lich als Allradler kommt und entspreche­nd vernünftig fährt, müssen beim Dreitürer die Vorderräde­r die Arbeit alleine machen.

Zwar kommen die bisweilen kräftig ins Wimmern, wenn der Motor aufdreht und die vollen 450 Nm anliegen. Doch mit einer breiten Lauffläche, einem sportliche­n Profil und vor allem einem strammen Fahrwerk krallt sich der Mini so tapfer in den

Asphalt, dass er in 5,2 Sekunden auf Tempo 100 schnellt und all seine braven Brüder weit hinter sich lässt. Und der direkten Lenkung sowie dem Sperrdiffe­rential sei Dank, klebt der Kleine klebt auf der Straße, als seien die Reifen von Pattex statt von Pirelli. Wenn es einen modernen Mini gibt, der das alte Go-Kart-Feeling bietet, dann ist es deshalb der GP.

Dass der Komfort dabei weitgehend auf der Strecke bleibt, wird kaum jemanden stören. Genau wie der wunderbar pubertäre Lärm aus den in die Mitte gerückten Endrohren. Denn der Fahrer soll sich gefälligst auf die Fahrbahn konzentrie­ren und froh sein an den schraubsto­ckartigen Sportsitze­n, der Sozius hat genug damit zu tun, seinen Magen unter Kontrolle zu halten, und einen Rücksitz gibt’s im GP traditione­ll nicht. Erstens, weil die Briten stattdesse­n lieber eine massive Querstrebe einziehen, zweitens, weil es im Dreitürer hinten ohnehin arg eng zugeht, und drittens, will es in so einer Knallbüchs­e niemand mehr als ein paar Kilometer auf der Rückbank aushält.

Der Verzicht auf die Sitze im Fond ist zwar die größte, aber sicher nicht die augenfälli­gste Veränderun­g an der Optik. Sondern innen gibt es obendrein noch das neue DigitalCoc­kpit, wie man es bislang nur aus dem elektrisch­en Mini kennt, und außen gibt es messerscha­rfe Kotflügelv­erbreiteru­ngen aus Karbon, das bei der Produktion von i3 und i8 anfällt, sowie einen doppelten Heckflügel, gegen den die Spoiler eines Porsche

911 Turbo beinahe bescheiden aussehen. Zwar bietet der Mini GP maximalen Fahrspaß, doch lassen sich die Briten diese Extravagan­z auch teuer bezahlen. Aber der hohe Preis für das Vergnügen ist offenbar kein Hindernis. Denn obwohl der John Cooper Works im GP-Trimm mal eben 50 Prozent teurer ist als üblich, ist das Auto hoffnungsl­os überzeichn­et und wird deshalb nicht verkauft, sondern verteilt – und kaum mehr als 500 Kunden in Deutschlan­d dürfen auf eine Zuteilung hoffen.

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Optisch scheint sich der neue Mini John Cooper Works GP nicht sehr von seinen Brüdern zu unterschei­den, aber der Kleine hat so viel Power wie kein anderer.
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FOTOS: BERNHARD FILSER Unverkennb­ar ein Mini: Wer die Marke kennt und schätzt, wird sich im Innenraum gleich zu Hause fühlen.

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