Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Raderacher Wehr „trifft“sich virtuell
Praktische Übungen ruhen bis September – Gemeinsame Theorieeinheiten gibt’s trotzdem
Von Lydia Schäfer
RADERACH - „Retten – Löschen – Bergen – Schützen“ist das Credo der Feuerwehr. Jede Woche treffen sich die Abteilungen der Freiwilligen Feuerwehr Friedrichshafen zu Übungen, um im Ernstfall schnell und gezielt handeln zu können. In Coronazeiten läuft alles ein wenig anders.
„Am 8. März haben sich die Kommandanten sämtlicher Häfler Abteilungen getroffen und beschlossen, die Trainingseinheiten vorerst einzustellen“, sagt Stadtbrandmeister Louis Laurösch. Bis September ruhen die Praxiseinheiten. „Natürlich fahren wir nach wie vor im Einsatz raus“, betont Laurösch.
Die Raderacher Abteilung hat einen Weg gefunden, sich dennoch regelmäßig zu treffen und zwar im virtuellen Raum. Marcel Bieser, Raderacher-Abteilungskommandant, und Jugendwart Nico Bührer hatten die Idee, gemeinsam Theorie mit den Kameraden am heimischen Computer zu üben. „Ich hatte mir schon länger Gedanken gemacht, ob man ein virtuelles Treffen einführen könnte“, erzählt Bieser. Im Vordergrund stand die einfache Handhabung für alle Beteiligten.
„Die Teilnahme erfolgt auf freiwilliger Basis“, erklärt Bieser. Gut 80 Prozent der 24 aktiven Feuerwehrleute nehmen daran teil. Das Tool dient auch zur Kameradschaftspflege, „einfach mal nachhören, wie es zu Hause geht“, erklärt Bieser. Außerdem biete sich auf diese Weise die Möglichkeit, theoretischen Unterricht zu machen: „Wir verwenden ausschließlich Material der Landesfeuerwehrschule.“Es gehe darum, bereits vorhandenes Wissen nochmals zu vertiefen. „Am vergangenen Montag haben wir beispielsweise über die Vorgehensweise beim Löschen von brennenden Lithiumbatterien gesprochen.“
Hat ein Kamerad dazu Fragen, oder möchte dem etwas hinzufügen, lasse sich virtuell die Hand heben. Das Tool sei aber auch praktisch, um beispielsweise über neue Verordnungen zu informieren. Die Kameraden hätten sich ausschließlich positiv über das virtuelle Treffen geäußert, sodass die Raderacher Wehr das jetzt etablieren möchte. „Das ist bei uns möglich, weil unsere Abteilung nicht so groß ist“, erklärt der Abteilungskommandant weiter.
Bei größeren Abteilungen stoße das System bald an seine Grenzen. „Wir haben das in der Kommandantenrunde besprochen“, sagt Laurösch. Es sei ja nicht so, dass die Kameraden alles verlernen, nur weil die Trainingseinheiten nicht stattfinden. Als Stadtbrandmeister begrüßt er die Idee der Raderacher Wehr. „Allein schon die Kameradschaftspflege ist ausgesprochen wichtig, das darf man nicht unterschätzen. Wo das virtuelle Training geht, ist das eine tolle Sache. Schläuche aufrollen kann man selbstverständlich nicht damit üben“, sagt Laurösch.
Die Abteilungen selbst sind sich einig, dass das reale Training vorerst zurückgestellt werde. „Sicherheit geht vor“, betont der Stadtbrandmeister. „Wenn bei Einsätzen der ein oder andere Kollege fehlt, weil sich dieser mit Corona infiziert hat, dann macht sich das bemerkbar.“Ein Risiko, das die Wehr nicht eingehen möchte, damit sie künftige Einsätze ohne personelle Einbußen gewährleisten kann.