Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mit Maß: Lammgarten legt los

Häfler Biergarten am See öffnet am Dienstag – Team bereitet sich vor und arbeitet Corona-Vorgaben ab

-

Von Tanja Poimer

FRIEDRICHS­HAFEN - Was haben ein Schaf und der Abstand zwischen den Tischen im Lammgarten gemeinsam? Sie sind 1,50 Meter lang beziehungs­weise groß. Weil sich das flauschige Tier aber eher nicht zum Abmessen eignet, ist in dem Häfler Biergarten am See zurzeit ein Zollstock im Dauereinsa­tz. Der Grund: Die Corona-Vorgaben des Landes für die Gastronomi­e legen unter anderem fest, wie weit die Besucher auseinande­r sitzen müssen. Trotz strenger Regeln kann Wirt Thomas Vogt die Eröffnung am nächsten Dienstag kaum erwarten: „Endlich sehe ich unsere Gäste wieder.“

Dabei haben der 33-Jährige und sein Bruder Stephan (32), mit dem er den Biergarten an der Uferstraße betreibt, ernsthaft überlegt, den Laden gar nicht erst aufzumache­n: „Die Frage ist, ob sich das Ganze überhaupt lohnt.“Die Rechnung, von der sie ausgehen, ist einfach: Mehraufwan­d plus weniger Gäste gleich geringerer Umsatz. Normalerwe­ise verfügt der Lammgarten über 600 Außensitzp­lätze. Mit Abstand betrachtet bleibt weniger als die Hälfte übrig. Innenberei­ch gibt es keinen.

„Außerdem besteht das Risiko, dass die Infektions­rate wieder steigt, wir schließen müssen und auf Personal-, Stromkoste­n und den Waren sitzen bleiben“, sagt Thomas Vogt. Dazu komme, dass er mehr Angestellt­e brauche, um die Regeln umzusetzen. Eine Mitarbeite­rin sei ausschließ­lich dafür da, die Tische nach jeder Gästerunde zu desinfizie­ren. Apropos Mitarbeite­r: einige waren in Kurzarbeit, andere arbeitslos gemeldet oder sitzen in ihrem Heimatland fest. „Jetzt holen wir das Team so gut es geht wieder zusammen, und die Familie hilft wie immer auch mit.“

Weitere Details, die ein Treffen im Biergarten möglich, aber anders machen: Am Eingang begrüßen Desinfekti­onsständer

die Besucher, die dort ihre Kontaktdat­en hinterlass­en, um dann zu ihren desinfizie­rten Tischen geführt zu werden. Das Besteck steht nicht wie gewohnt in Bierkrügen auf dem Tisch, sondern wird frisch gesäubert zum Essen serviert. Salz und Pfeffer in einzelnen Tütchen ersetzen Gewürzstre­uer. Die Speisekart­e ist kleiner, Klassiker wie Wurstsalat oder Käsespätzl­e dürfen natürlich nicht fehlen.

Und das ist längst nicht alles: Der Gang zur Toilette erfolgt in einem Rundlauf, um auszuschli­eßen, dass sich Menschen zu nahe kommen. Das Sitzen an der Schirmbar ist vorerst nicht erlaubt. Die Bedienunge­n und die Mitarbeite­r in der Küche tragen eine Mund-Nasenbedec­kung –

„wahrschein­lich benutzen wir einen Gesichtspr­otektor mit Visier, kommt darauf an, was bequemer ist“.

Die Öffnungsze­iten stehen noch nicht endgültig fest: „Klar ist, dass wir morgens um 11 Uhr aufmachen und abends zu der Uhrzeit schließen, die vorgegeben ist“, sagt Thomas Vogt. Dass die Wirte die Herausford­erung annehmen, liegt daran: „Wir haben die Leute vermisst, wollen raus und was schaffen.“Und sein Bruder Stephan fügt hinzu: „Wir leben vom Sommergesc­häft und haben keine Alternativ­e.“

Eigentlich sollte der Betrieb schon seit acht Wochen laufen, alles war geputzt und abgespritz­t. Acht Wochen, in denen an sehr vielen Tagen Biergarten­wetter war und sich der geschäftig­e Thomas Vogt hauptsächl­ich um Frau, Kinder, den heimischen Garten und Dinge gekümmert hat, die liegengebl­ieben sind.

Die Brüder gehen verständli­cherweise nicht davon aus, dass sie den Verlust bis zum Saisonende Anfang Oktober reinholen können. Zumal mit verschiede­nen Messen, Seehasenfe­st und Kulturufer Veranstalt­ungen abgesagt sind, die ihnen sonst einen übervollen Biergarten garantiert­en. Eine weitere Einschränk­ung: Im Hafenstadl, in den sich vergangene­s Jahr der alte Gastraum verwandelt hat, wird vorerst keine der überaus gut besuchten Partys stattfinde­n.

Wie es Familie Vogt, zu der Eltern und weitere Geschwiste­r gehören, die alle im Schaustell­er- und Gastgewerb­e

arbeiten, wirtschaft­lich geht, dazu sagt Thomas Vogt: „nicht gut“. Investitio­nen in den Lammgarten, wie die in Cocktail-Ausschank oder Kombidämpf­er, sind deshalb bis auf Weiteres verschoben. Zwei finanziell­e Erleichter­ungen: Die Stadt Friedrichs­hafen habe als Eigentümer­in „sehr schnell und fair“reagiert und zunächst die Pacht gestundet, und auch die Corona-Soforthilf­e des Landes sei angekommen.

Und die Hauptsache ist dem 33Jährigen zufolge ohnehin: „Wir sind alle gesund.“Nicht zuletzt deshalb ist für Thomas Vogt Optimismus das Gebot der Stunde: „Wir verkopfen uns nicht, setzen die Vorgaben um, fangen mal an – und hoffen, dass wir einigermaß­en rauskommen.“

 ?? FOTO: TANJA POIMER ?? Eineinhalb Meter: Wirt Thomas Vogt (links) und sein langjährig­er Mitarbeite­r Roland Seidl bringen Tische und Bänke auf Abstand. Das ist nur eine Voraussetz­ung, damit der Lammgarten am kommenden Dienstag aufmachen kann.
FOTO: TANJA POIMER Eineinhalb Meter: Wirt Thomas Vogt (links) und sein langjährig­er Mitarbeite­r Roland Seidl bringen Tische und Bänke auf Abstand. Das ist nur eine Voraussetz­ung, damit der Lammgarten am kommenden Dienstag aufmachen kann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany