Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Spezialpreis für die Glatze
IVon Harald Ruppert
ch will nicht alle Friseure über einen Kamm scheren. Aber offenbar gibt es Vertreter dieser Zunft, die sich den Einsatz von Kamm und Schere vergolden lassen. Auch, wo es kaum etwas zu scheren gibt. So wie bei jenem Leser, der uns schrieb. Er habe eine Fastglatze, mit einem Haarkranz, der in den Wochen des Corona-Lockdowns munter vor sich hin wuchs. Nachdem die Friseure wieder offen hatten, ließ er ihn stutzen, beim Friseur seines Vertrauens. Der kennt die Glatze so gut wie sein eigenes Knie, und auch bei der Preisgestaltung herrschte stets schönster Gleichklang zwischen dem Friseur und unserem Leser. Letzterer weiß um seine Qualitäten als unkomplizierter Kunde: „Da mein Haarschopf zwischenzeitlich sehr übersichtlich und der größte Teil der oberen Kopffläche haarfrei ist, fällt für den Friseur beim Schneiden relativ wenig Arbeit an und auch der Zeitaufwand dafür ist sehr begrenzt.“Schnipp, schnapp also, und schönen Tag noch. Aber diesmal fiel unser Leser fast der Scheitel von der Glatze, als ihm die Rechnung präsentiert wurde: Zwei Euro fürs Waschen, 24 Euro fürs Schneiden - und 21 Euro „CoronaPauschale“. „Ich habe absolut Verständnis dafür, dass den Friseuren durch die Hygiene-Vorgaben Mehrarbeit und Mehrkosten entstehen“, schreibt er uns, aber 21 Euro sahen dann doch nach Wucher aus. Jetzt geht unser Leser zu einem anderen Friseur – so lange das noch nötig ist: „Vielleicht verliere ich ja die letzten Haarwuschel auch noch, dann hat sich das Thema eh erledigt.“