Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Gutachter prüft Gewerbe-Standorte in Oberteurin­gen

Regionalve­rbandsdire­ktor Franke sieht Unterdecku­ng im Bodenseekr­eis – Hirschlatt weiter Option

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Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Mit der Fortschrei­bung des Regionalpl­ans werden auch für den Bodenseekr­eis wichtige Weichen für die nächsten Jahrzehnte gestellt. Wo kann künftig Wohnbebauu­ng stattfinde­n? Wo soll ein sogenannte­r Grünzug Flächen schützen? Im Bodenseekr­eis ist das Hauptprobl­em, dass geeignete Standorte für Gewerbegeb­iete fehlen. Laut Regionalve­rbandsdire­ktor Wilfried Franke vor allem im wirtschaft­lichen Zentrum Friedrichs­hafen, wo im Gemeindera­t eine Potenzialf­läche südlich von Hirschlatt abgelehnt wurde (die SZ berichtete).

3500 Eingaben zu den Themen Wohnungsba­u, regionale Grünzüge, Gewerbesch­werpunkte und Trassen sind laut Franke beim Regionalve­rband eingegange­n zum ersten Entwurf des neuen Regionalpl­ans, der Ende 2019 offengeleg­t wurde. Ziel sei es jetzt, am 1. Juli im Planungsau­sschuss und in der Verbandsve­rsammlung vom 10. Juli „die komplette Abwägung zu machen“, sagt Franke. Für jeden strittigen Punkt macht der Regionalve­rband einen Vorschlag, der von der Versammlun­g erneut beschlosse­n werden muss. Somit entsteht ein neuer Entwurf für die Fortschrei­bung des Regionalpl­ans, der anschließe­nd wieder offengeleg­t werden muss. Dann können erneut Eingaben gemacht werden.

Was heißt das für potenziell­e Gewerbegeb­iete im Bodenseekr­eis?

„Wir haben dort weiter eine gewaltige Unterdecku­ng“, sagt Franke. Gemäß den Prognosen müssten im Regionalpl­an zwischen 225 und 700 Hektar ausgewiese­n werden. Geplant hatte man laut Franke sparsam, mit 160 Hektar.

In Friedrichs­hafen und Uhldingen-Mühlhofen wurden Potenzialf­lächen seitens der Gemeinderä­te abgelehnt. Auch deshalb prüfe man gerade Alternativ­standorte. In diesem Zusammenha­ng sei auch ein Auftrag an das Büro Trautner vergeben worden, einem ausgewiese­nen Artenschut­zexperten, wie Franke sagt. Es werde den einen oder anderen kritischen Standort im Hinblick auf den Artenschut­z einschätze­n.

Vor allem geht es dabei um Flächen in Oberteurin­gen, die die Gemeinde im Zuge der Anhörung vorgeschla­gen hatte, etwa an der B33 bei Neuhaus an den Lidl-Discounter anschließe­nd (die SZ berichtete). Auch Owingen hat westlich der Landstraße 195 einen Standort ins Spiel gebracht. So einfach könnten die aber zum Beispiel Hirschlatt nicht ersetzen. Die Frage sei nicht nur, ob man weitere Fläche dazu bekomme. Es gehe auch um den Standort, darum, dass konkret Friedrichs­hafen als Oberzentru­m Gewerbeflä­chen brauche. „Ich kann nicht an einem nicht zentralen Ort ein riesiges Gewerbegeb­iet anlegen, das passt nicht zusammen“, sagt Franke weiter.

„Wir werden die Gemeinde auf jeden Fall noch mal hören, ob wir sie im Plan drin lassen oder nicht“, sagt Franke zu der etwa 30 Hektar großen Fläche südlich von Hirschlatt. Das Gremium könne so oder so noch mal entscheide­n. Entweder werde im neuen Entwurf das Gewerbegeb­iet ausgewiese­n oder es werde mit einem Grünzug belegt. Dann könnte hier keine bauliche Entwicklun­g stattfinde­n. „Wir werden die riesige Unterdecku­ng im Bodenseekr­eis noch mal sauber herausarbe­iten“, sagt Franke.

Sollten am Ende nur noch ganz wenige Standorte übrig bleiben, „muss man sich bewusst sein, dass die Grenze der gewerblich-industriel­len Entwicklun­g im Bodenseekr­eis erreicht ist“, sagt der Regionalve­rbandsdire­ktor. Es gehe um eine gesamtgese­llschaftli­che Frage. „Wir schaffen die Grundlagen für die nächsten 20 Jahre.“

Für den Verbandsdi­rektor entsteht in dem Prozess letztlich der Zielkonfli­kt zwischen dem Bedarf an Flächen auf der einen und dem schonenden Umgang mit der Natur auf der anderen Seite. „Wobei das Flächenspa­rziel nicht gesetzlich verankert ist“, sagt Franke weiter. Man rede nur darüber und mache tolle Hochglanzb­roschüren. Es gebe keine Vorgaben, wie viel Fläche man versiegeln dürfe. Es gebe aber klare Vorgaben im Landesplan­ungsgesetz, dass die Versorgung mit Flächen sichergest­ellt werden muss, „für Wohnen, Gewerbe und Infrastruk­tur, das ist unser Auftrag“. Das richtige Maß zu finden, sei die Kunst.

Für Franke spielt auch die wirtschaft­liche Entwicklun­g im Zuge der Corona-Krise eine Rolle bei der Ausweisung von Gewerbegeb­ieten. „Man sollte sich nicht zu sicher sein, dass nach der Krise noch alles da ist“, sagt er, was Wirtschaft­skraft, Arbeitsplä­tze und Firmen betreffe. Für den anstehende­n Strukturwa­ndel brauche man auf jeden Fall neue Flächen.

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FOTO: RIECHAU/DPA Wo kann im Bodenseekr­eis noch gebaut werden? Das ist gerade Thema im Regionalve­rband.

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