Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ohne Federn, aber mit Trommeln
Udo Fritz aus Oberteuringen ist Pharmazeut und Heilpraktiker – und außerdem Schamane
Von Silja Meyer-Zurwelle
OBERTEURINGEN - Jemand, der mit Federn im Haar um ein flackerndes Lagerfeuer tanzt: So kennt man die Figur des Schamanen aus Hollywood-Filmen. Kein Wunder, dass sich der Laie diesen Medizinmann deshalb genau so vorstellt. Dass dahinter jedoch mehr und ganz anderes steckt, als dieses plakative Bild, weiß Udo Fritz aus Oberteuringen ganz besonders gut: Er ist selbst Schamane.
„Dieser Weg hat sich schon sehr früh angedeutet“, sagt er, angesprochen darauf, wie er zu diesem ungewöhnlichen Berufszweig kam. Der Oberteuringer hat ein Pharmaziestudium, eine Heilpraktikerausbildung und das Studium der Akupunktur absolviert. „Aber bei allem, was ich dort lernte, hatte ich das Gefühl, nur 80 Prozent der Antworten zu bekommen, die ich suchte“, erinnert er sich. Das Zusammentreffen mit einem taoistischen Meister, also einem, der dieser chinesischen Religion zugehörig ist, habe ihn dann auf die Idee gebracht, noch weiter – und zwar in Richtung Schamanismus – zu suchen.
„Doch dafür direkt an den Baikalsee nach Sibirien, in das Ursprungsland des Schamanismus, zu reisen, wäre für mich als selbstständiger Apotheker und mit Familie zu weit gewesen. Ich habe dann tatsächlich eine Landkarte genommen und geschaut, wo in etwa die Mitte zwischen Oberteuringen und dem Baikalsee liegt. So kam ich zu einem Schamanenkongress an den Mondsee bei Salzburg“, schildert Udo Fritz. Verschiedene Schamanen, darunter der nordamerikanische Medizinmann mit dem bildhaften Namen ,Dancing Thunder’, über den der Oberteuringer lachend meint, dass dieser Name auch Programm sei, trugen anschließend zu seiner Ausbildung bei.
Doch was heißt es nun genau, praktizierender Schamane zu sein? „Im Schamanismus spricht man oft vom Grenzgänger oder Brückenbauer. Das trifft es aus meiner Sicht recht gut. Ins Moderne übersetzt könnte man auch sagen: Ich bin der Hardware-Techniker, der für den Zugang zum WLAN sorgt“, sagt Udo Fritz. In Bildern zu sprechen, sei übrigens typisch im Schamanismus, fügt er an. So weit gefasst, wie der Begriff Brückenbauer oder Hardware-Techniker sein kann, ist ihm zufolge auch das Klientel, das in seine Naturheilpraxis kommt. „Das kann beispielsweise jemand sein, der im Beruf unglücklich ist, der dort zwischen Chefetage und einer Etage unter sich zermalmt wird. Es kann sich aber auch um ein zwischenmenschliches Problem innerhalb der Familie oder mit der Schwiegerfamilie handeln. Oder es sind physische Probleme, wie Nackenschmerzen. Mir ist dabei vor allem wichtig, dass ich praktische und somit greifbare Lösungsansätze mitgebe“, beschreibt der Schamane. Dazu
gehöre auch, dabei zu helfen, Dinge mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Oder die Kraft von Schwingungen zu nutzen. „Seelen sind Schwingungsknotenpunkte“, erläutert Fritz die schamanische Sichtweise. „Man sieht nur mit dem Herzen gut, heißt es beim kleinen Prinzen. Schamanen sagen nicht umsonst, dass dieses der Sitz der Seele ist“, sagt er. Und wenn ein Mensch mal aus dem Takt gerät?
Dann bedient sich Udo Fritz zwar keiner Federn im Haar, doch dem einen Utensil, ohne das man auch einen Schamanen wie ihn niemals antreffen wird: der Trommel. „Ist es nicht interessant, dass es keinen Kontinent auf der Erde gibt, auf dem nicht getrommelt wird?“, meint er. So seien Schwingungen, Klang und Musik ein ganz elementarer Bestandteil seiner Lösungsansätze.
„Beim Trommeln lässt das Gedankenkarussell mehr und mehr nach. Der Blick auf die eigene Seele wird verdichtet und auch so können Lösungen klarer werden“, erzählt er aus seiner Erfahrung.
Antworten für sich hat Udo Fritz mit dem Praktizieren des Schamanismus’ nun längst gefunden. „Ich habe dadurch eine Lebenssicht gewonnen, mit der sich alles sehr gut erklären lässt. Ich will nicht sagen, dass es so ist, aber für mich ist das Fragezeichen, das bei allen anderen Fächern immer geblieben ist, damit erloschen“, berichtet er. So sieht er bei allem „Chaos im Außen“, das die Corona-Pandemie derzeit mit sich bringt, auch hier durchaus Chancen in der Krise. „Jetzt haben wir die Möglichkeit, jeder für sich mal wieder richtig zu horchen, was wir wirklich wollen“, sagt der Schamane.