Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Erinnerung an Rolf Hochhuth
Der verstorbene Dramatiker hatte persönliche Bezüge zu Friedrichshafen
FRIEDRICHSHAFEN - Am 13. Mai meldeten die Medien, dass Rolf Hochhuth, einer der bedeutendsten deutschen Theaterautoren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, gestorben ist. Er war der maßgebliche Begründer des Dokumentartheaters, hatte internationale Erfolge und löste mit einigen seiner Stücke politische Erdbeben aus.
Auch zu unserer Region hatte Rolf Hochhuth eine Beziehung. Zusammen mit Martin Walser hatte er das Meersburger Sommertheater in der inzwischen längst abgerissenen Hämmerle-Fabrik initiiert. 17 Jahre lang wurde dort vom Stadttheater Konstanz im Juli Theater gespielt. 1988 lernte ich Rolf Hochhuth persönlich kennen, als ich ihn zu einer Autorenlesung nach Friedrichshafen eingeladen hatte. Es war eine kleine Sensation, dass der in dieser Zeit berühmteste Intellektuelle, Schriftsteller und Mahner, der sich in provokanter Weise mit der Zeit des Nationalsozialismus und mit aktuellen politischen und sozialen Fragen auseinandersetzte, zu uns kam.
Nach der Lesung und Diskussion verbrachten wir den Abend im Restaurant von „Mama Teresa“in der
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Olgastraße. Hochhuth dozierte über Geschichte und Politik, war aber auch überaus neugierig und wissbegierig und stellte differenzierte Fragen. Zahlreiche Stücke von Hochhuth sind in Friedrichshafen aufgeführt worden. Bereits 1968 ging sein Stück „Soldaten“, in dem es auch um die Rolle Churchills im Zweiten Weltkrieg ging, in der alten Festhalle in der Scheffelstraße über die Bühne. Was wurde noch in Friedrichshafen gespielt? „Ärztinnen“, „Wessis in Weimar“, ein Stück über zweifelhafte Praktiken der Treuhandgesellschaft nach der Wende, „Sommer 14“, „Eine Liebe in Deutschland“, „Unbefleckte Empfängnis“. Diese Stücke waren im Graf-Zeppelin-Haus und im Bahnhof Fischbach zu sehen.
Hochhuth lebte lange Zeit in Grenzach-Wyhlen im Landkreis Lörrach, fast ein Katzensprung bis Friedrichshafen. Zur Aufführung seiner Stücke reiste er an und er kam zu Autorenlesungen. Vielleicht war dies ein folgenreicher Abend Ende September 1993: Hochhuth und ich saßen zusammen und redeten bis weit nach Mitternacht. Ich erzählte ihm von Elisabeth von Ardenne, deren Schicksal Fontane als Vorbild für seine „Effi Briest“genommen hatte, erzählte, dass sie in Lindau gelebt und als Krankenschwester gearbeitet hatte, er fragte mich nach Zeppelingeschichten aus, deren Einsatz im Ersten Weltkrieg, und wir kamen auf die Bombardierung von Friedrichshafen zu sprechen.
1996 erschien Hochhuths Monolog „Effis Nacht“. Das Stück spielt in einer Nacht 1943, die Protagonistin ist Frau von Ardenne, die einen sterbenden Soldaten pflegt. Von Lindau aus sieht sie die Bombardierung von
Friedrichshafen und die brennende Stadt. Hochhuth lässt Frau von Ardenne verbittert über den Grafen Zeppelin sagen: „Der großartige, sonst immer so ritterliche Kavalier begriff überhaupt nicht, wieso ich nicht guthieß, dass Zeppeline ins Häusermeer von London Bomben warfen…“Als das Stück 2004 in der Inszenierung des „theater 89“auf die Bühne kam, war die Premiere in Friedrichshafen, mit dem Autor als Premierengast.
In diesem Monolog hat Hochhuth auch ein stückweit der dramatischen Geschichte unserer Stadt seine Referenz erwiesen. Ich bilde mir ein, diesen Text vielleicht mit angeregt zu haben durch unser intensives Kneipengespräch. Freilich hat der rücksichtslose Aufklärer aus dem Stoff gemacht, was er wollte. Klug und wissend und kämpferisch, mit einem politisch hochmoralischen Anspruch habe ich Hochhuth erlebt. So kindlich-streitsüchtig er sein konnte und im Alter vielleicht auch in kleinen Dingen, so war er nicht minder liebenswert.
Es ist ein wunderbares Gefühl, wenn einem der Vater nicht als Gottheit, sondern als Mensch erscheint. Wenn er von dem Berg herabsteigt, man ihn als normalen Erdenbürger mit all seinen Schwächen sieht und als solchen liebt. (Robin Williams, 1951 bis 2014, USamerikanischer Komiker)
ist stellvertretender Leiter des Kulturbüros Friedrichshafen.
Religion muss sein, sonst ist man an einigen Festen wie Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Christi Himmelfahrt schwer aufgeschmissen. (Anonym)
Es gibt viele Väter, die Kinder haben, aber nur wenige Kinder, die Väter haben. (Francis De Croisset)
Philippus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns. (Joh 14,8)
Dietmar
Felix, Blandina und
Mittwoch: deutscher Venentag, Internationaler Bienentag
1873: Der Stoffhändler Levi Strauss und der Schneider Jacob Davis lassen gemeinsam genietete Hosen aus Denim-Stoff patentieren, die sogenannten Jeans.