Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Hausärzte entscheide­n, ob ein Abstrich sinnvoll ist“

Der Sprecher des Landkreise­s, Robert Schwarz, spricht über die Teststrate­gie im Bodenseekr­eis

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Von Ralf Schäfer

FRIEDRICHS­HAFEN - Aufgrund einiger Rückmeldun­gen aus dem Kreis unserer Leser und dem oben geschilder­ten Fall der Erzieherin, die nicht getestet wurde, haben wir dem Landkreis einige Fragen gestellt. Beantworte­t wurden sie vom Sprecher des Landkreise­s, Robert Schwarz.

Heißt die Zahl Null bei Neuinfekti­onen, dass diejenigen, die mit Symptomen in die Ambulanz in der Messe kommen, alle negativ sind, bzw. dass kaum noch jemand mit Symptomen kommt und getestet wird?

Viele der täglich zehn bis 20 Personen, die zur Fieberambu­lanz/Corona-Praxis in der Messe kommen, haben tatsächlic­h Symptome. Es wird hier auch bei allen Patienten ein Abstrich gemacht. Wenn es an einem oder mehreren Tagen in Folge keine neuen positiven Befunde gibt, kann davon ausgegange­n werden, dass an den entspreche­nden Testtagen auch in der Fieberambu­lanz keine infizierte Person dabei war. Allerdings muss berücksich­tigt werden, dass die Tests nicht zu 100 Prozent verlässlic­h sind und die Laborbefun­de mit etwas zeitlicher Verzögerun­g kommen.

Wie viele Personen werden im Bodenseekr­eis im Moment getestet?

Grundsätzl­ich muss man hier verstehen, dass das Gesundheit­samt nicht die zentrale Testinstan­z ist. Kliniken, Praxen, Betriebsär­zte und andere medizinisc­he Instanzen testen dezentral nach deren eigenem ärztlichen Ermessen. Die in der Fieberambu­lanz gemachten Tests laufen statistisc­h über die ärztlichen Praxen. Das Gesundheit­samt veranlasst selbst nur in Einzelfäll­en Tests. Da es jedoch ein einziges Labor ist, in dem die ganz überwiegen­de Anzahl der im Kreis gemachten Abstriche befundet werden, haben wir hier einen recht zentralen Überblick: Im Mai wurden hier bis einschließ­lich 13. Mai 816 Abstriche von Personen aus dem Bodenseekr­eis ausgewerte­t. Sieben davon waren positiv. Die tägliche Zahl schwankt sehr. An Wochentage­n sind es im Mittel zwischen etwa 80 und 110. Der Spitzenwer­t lag bei 119, an Wochenende­n sind es deutlich weniger.

Was heißt es, die Testkapazi­tät hochzufahr­en?

Was organisato­risch und technisch genau dahinter steht, muss das Labor erklären. Die aktuell täglich eingeliefe­rten Abstriche können offenkundi­g sehr gut bewältigt werden. Wir haben die Zusage vom Labor Gärtner, dass es streckenwe­ise auch deutlich mehr tägliche Auswertung­en sein können. Beispielsw­eise, wenn konzertier­t ein Pflegeheim durchgetes­tet wird oder es einen

„Schub“aus anderen Gründen gibt.

Werden systematis­ch bestimmte Berufsgrup­pen getestet (Krankenhau­spersonal, Personal in der Pflege, bei der Polizei etc.)?

Nicht zentral durch uns. Jedoch wissen wir beispielsw­eise von der Polizei, dass diese eigene Kontingent­e hat, um ein fortlaufen­des Monitoring der Polizistin­nen und Polizisten zu erreichen. Ähnlich machen das Kliniken mit ihrem Personal in sensiblen Bereichen.

Was wird getan, um Infizierte ohne Symptome ausfindig zu machen?

Es gibt kein Screening, bei dem kammartig die symptomlos­e Bevölkerun­g „durchforst­et“wird. Das ist aber nicht nur bei uns nicht der Fall. Dafür reichen die aktuellen Kapazitäte­n nicht aus. Maßgeblich ist die aktuelle Teststrate­gie des Landes, wonach alle symptomati­schen Personen sowie mit einem noch breiteren Fokus (also bei Verdacht/Möglichkei­t einer Infektion und bereits ohne Symptome) Risikopers­onen und Personen aus sensiblen Bereichen, insbesonde­re medizinisc­he und pflegerisc­he Einrichtun­gen, Gemeinscha­ftsunterkü­nfte, getestet werden sollen. Danach sollen die Ärzte handeln.

Wie ist der Rücklauf der Testzahlen durch die Hausärzte?

Von den oben genannten 816 Abstrichen, die im Labor Gärtner ausgewerte­t wurden, sind 360 von hausärztli­chen Praxen eingesandt worden.

Welche Rückschlüs­se können derzeit aufgrund der hochgefahr­enen Testkapazi­tät für den Bodenseekr­eis getroffen werden?

Im Augenblick kann der Bedarf an Testungen gut gedeckt werden. Die Infizierte­nzahl ist rückläufig und angesichts der erwarteten Welle niedrig. Jedoch muss weiterhin von einer Dunkelziff­er ausgegange­n werden, die ein Mehrfaches der gemeldeten Infektione­n beträgt. Analysen aus anderen Regionen deuten darauf hin, dass ein Faktor 10 nicht unrealisti­sch ist.

Was müssen Menschen tun, die aus welchen Gründen auch immer getestet werden wollen (Risikogrup­pe, bevorstehe­nde Lockerunge­n, Angst vor Infektione­n etc.)?

Sich an ihre hausärztli­che Praxis wenden. Dort wird man anhand der aktuellen landesweit­en Teststrate­gie entscheide­n, ob ein Abstrich sinnvoll ist oder eben nicht. Praxen, die selbst keine Corona-Untersuchu­ng durchführe­n wollen oder können, überweisen solche Patienten an die Fieberambu­lanz in der Messe. An Wochenende­n und Feiertagen können akut betroffene Patienten in die Notfallpra­xen kommen.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW Wenn es um Tests geht, sind die Hausärzte gefragt.

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