Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Neuer Streitatlas zeigt: Häfler streiten mehr als Lindauer
Meistens geht es um vermeintlich ungerechtfertigtes Blitzen oder zu hohes Tempo
FRIEDRICHSHAFEN (ad) - Nicht friedlicher, aber auch nicht streitlustiger als im Rest der Republik geht es in Friedrichshafen zu. Die Häfler liegen mit ihrer Bereitschaft, vor Gericht zu ziehen, genau im Durchschnitt. Das zeigt zumindest der neue Streitatlas Deutschlands, den der Versicherungskonzern Generali vorgelegt hat. Dabei wurden mehr als zwei Millionen Streitfälle ausgewertet. Als Basis dafür nutzt das Unternehmen die Daten seiner Rechtsschutzversicherung.
In Deutschland streitet jeder Vierte vor Gericht. Pro 100 Einwohner gab es nach diesen Daten etwa 25 Prozent Streitfälle, und so war es laut Statistik in Friedrichshafen und auch in Ravensburg. Zwei Drittel sind Männer, die Frauen halten sich eher zurück. Am häufigsten kriegen sich die Bewohner des Nordens in die Haare. Berlin und Hamburg liegen dabei auf Platz eins und zwei der Rangliste der Studie mit jeweils fast 30 Prozent. Durch die Studie, die Generali auf Basis der Daten ihres Rechtsschutzversicherers Advocard alle zwei Jahre durchführt, lässt sich auch erkennen: Je weiter südlich in Deutschland, desto weniger Streit gibt es. Verglichen mit den Lindauern zoffen sich die Häfler aber dennoch mehr. In Bayern war nur jeder Fünfte an einem Streit beteiligt. Von 100 Einwohnern ziehen dort nur 19 vor Gericht.
Warum gerade der Norden so scharf auf Streitereien zu sein scheint, erklärt sich Peter Stahl, Vorstandssprecher bei Advocard so: „Viele Menschen auf vergleichsweise engem Raum steigern die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Konflikte entstehen.“Deswegen könnte der Grund für Zoff in Nordrhein-Westfalen sein, dass dieses Bundesland das am dichtesten besiedelte ist. Es weist einen Prozentsatz von 28,2 Prozent auf. In Mecklenburg-Vorpommern mit der geringsten Bevölkerungsdichte dagegen ist dieser deutlich geringer mit nur 23,8 Prozent. Beim Altersschnitt der Streithansel fällt die mittlere Generation auf. Im Alter von 46 bis 55 Jahren zoffen sie sich besonders gern. Der Schnitt liegt hier bei 27,5 Prozent. Jedoch zieht die jüngere Generation zwischen 18 und 25 Jahren verglichen mit den vergangenen Jahren deutlich nach. Hier sind es nämlich statt 13,9 Prozent wie im Jahr 2009 jetzt 23,7 Prozent.
Im Allgemeinen ist jeder vierte Häfler meist dann auf der Palme, wenn es um vermeintlich ungerechtfertigtes Blitzen oder zu hohes Tempo geht. 23 Prozent gehen bei Verkehrsunfällen vor Gericht.
Deutlich höher sind die Zahlen im Privat- und Strafrecht mit 38 Prozent. Von Familienangelegenheiten bis hin zu Reisemängeln ist alles dabei. Auch kann mal der Klassiker Anlass für wutentbrannte Gesichter sein: Streit unter Nachbarn: falsch geparktes Auto, zu laute Musik oder kreischende Kinder, die Gründe sind recht vielfältig.
Dafür nehmen sie oft auch hohe Kosten in Kauf. Jeder zweite Disput dauert länger als ein Jahr. Da muss jeder Streithahn schon mal tief in die Tasche greifen. Bis zu 10 000 Euro kann so ein Spaß kosten. Deswegen werden auch oft Mediatoren eingesetzt, sprich Unbeteiligte, die versuchen, die Situation ohne Gericht zu klären.
Wer also einen ruhigen Urlaub im eigenen Land plant, kann sich vorher erst mal den Streitatlas zur Hand nehmen. Darauf sind alle Gegenden und Bundesländer in verschiedenen Farben gekennzeichnet. So können harmoniebedürftige Menschen ganz schnell erkennen, wo es am ungeschicktesten wäre zu verweilen.