Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Pfarrerin Krüger geht ins Lonetal
Mit dem Weggang kommen neue Strukturen auf die Gesamtkirchengemeinde zu
Von Barbara Waldvogel
FRIEDRICHSHAFEN - Pfarrerin Eva Ursula Krüger wird am Pfingstsonntag im Gottesdienst verabschiedet. Sie verlässt die evangelische PaulGerhardt-Gemeinde in Friedrichshafen und wechselt zum 15. Juni 2020 auf die Pfarrstelle von BernstadtHörvelsingen im Dekanat Ulm.
Es wird nur eine kleine Feier am Pfingstsonntag, 31. Mai, in der PaulGerhardt-Kirche geben, und im kleinen Rahmen dürfte auch die Investitur am 21. Juni in der neuen Gemeinde auf der Alb stattfinden. Denn durch die Corona-Vorschriften sind die Freiräume für Festlichkeiten bekanntlich sehr begrenzt. Am Samstag, 20. Juni, wird Pfarrerin Krüger ihre Konfirmanden dennoch einsegnen. Es sind dieses Mal nur drei Jugendliche – und so darf bei Einhaltung der Hygienevorschriften das kirchliche Fest auch gefeiert werden.
Mit dem Abschied von Pfarrerin Krüger übernimmt Pfarrer Eberhard Seyboldt die Amtsgeschäfte der Paul-Gerhardt-Gemeinde. Damit beginnen dann auch die Planungen zur Umsetzung des Pfarrplans 2024, der die Streichung des Dienstauftrags in der Gemeinde vorsieht.
So geht die 60-jährige Theologin nicht ohne Wehmut durch das moderne Kirchengebäude, das dank seines flexiblen Zuschnitts viele Gottesdienstformen ermöglicht und zudem etlichen Gruppen und Kreisen eine Heimstatt bietet – wenn sie nicht, wie momentan, durch Corona ausgebremst werden. So tagt der Kirchengemeinderat normalerweise auf der Empore, die dort als Zimmer mit freiem Blick auf den Kirchenraum gestaltet ist. Dort wird auch Deutschunterricht für Geflüchtete erteilt. Im Untergeschoss war immer sonntags um 18 Uhr die Puzzle-Werkstatt geöffnet, in der in den vergangenen Jahren Bilder mit bis zu 36 000 Teilen zusammengesetzt und verschenkt wurden. Zum Beispiel das „Keith Haring Double Retrospect“. Dieses damals größte Puzzle der Welt hängt jetzt in der Ludwig-DürrSchule gegenüber der Paul-Gerhardt-Kirche. An der neuen Wirkungsstätte soll im großen Pfarrhaus auf jeden Fall privat weitergepuzzelt werden: Der Turmbau zu Babel. 9000 Teile.
Ganz sicher trägt Eva Ursula Krüger auch ihre Leidenschaft für China in der neuen Gemeinde weiterhin im Herzen. Denn die gebürtige Westfälin, aufgewachsen am Bodensee, hat nicht nur Theologie, sondern auch Sinologie studiert und mit einer Masterarbeit über Konfuzius abgeschlossen. Wer zu ihr ins Pfarrhaus kommt, wird deshalb nicht nur christliche Literatur und Symbole entdecken, sondern chinesische Schriftzeichen, Rollbilder, Bücher. „Zum ersten Mal seit 16 Jahren bin ich an Trinitatis nicht in China – wegen Corona“, sagt Krüger. Dieses Jahr wäre sie wieder mit einer Reisegruppe
in die Provinz Sichuan geflogen und wie fast jedes Jahr in den Pfingstferien hätte sie unter anderem dort christliche Gemeinden, die besonderen Sehenswürdigkeiten und deutsche Firmen besucht.
Denn die weltweite Ökumene liegt der 60-Jährigen sehr am Herzen. Deswegen ist ihr auch der jährliche ökumenische Weltgebetstag ein besonders wichtiger Termin. In diesem Jahr hatten Frauen aus Simbabwe die Liturgie unter die Losung aus dem Johannesevangelium gestellt: „Steh auf, nimm deine Matte und geh.“Dieses Bibelwort empfand sie für sich persönlich als einen starken Impuls, noch einmal eine neue Stelle anzutreten. Auf der Schwäbischen Alb wird sie jedenfalls mit offenen Armen empfangen. Denn dort war die Pfarrstelle fast zwei Jahre lang vakant.
„Der Umzug ist dieses Mal auch wesentlich einfacher als vor neun Jahren“, sagt Krüger, denn die drei Söhne sind inzwischen alle ausgeflogen. Und ihr Mann, Karl Reinhard Krüger, wechselt auch gern in den Alb-Donau-Kreis, da seine Eltern in Ulm wohnen. Als Organist, Chorleiter und Musiker hat er in der PaulGerhardt-Gemeinde vielfältig gewirkt. Zuletzt begleitete er musikalisch die seit der Pandemie üblichen täglichen „Abendgebete im Kirchgarten“. Ringsum nahmen die Bewohner von ihren Balkonen aus daran teil. Kirche mitten im Leben. Auf der Alb steht sie sogar mitten im Dorf.