Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mit Lutz Tittel wurde das Museum professionell
Ein Nachruf auf den Kunsthistoriker, der viele Jahre das Städtische Bodensee-Museum leitete
FRIEDRICHSHAFEN (sz) - Lutz Tittel, langjähriger Leiter des Städtischen Bodensee-Museums, dem Vorläufer des Zeppelin-Museums, ist am 12. Mai verstorben. Das schreibt Volker Westphal, ehemaliger Vorsitzender des Kunstvereins Friedrichshafen, in einem Nachruf.
Lutz Tittel wurde am 21. November 1943 im ehemaligen Ostpreußen geboren. Nach seiner Flucht aus der DDR 1965 studierte er in Marburg und Heidelberg Kunstgeschichte. 1982 übernahm er die Leitung des Städtischen Bodensee-Museums (Kunst und Technik) in Friedrichshafen, das damals noch seinen Sitz im Nordflügel des Rathauses hatte und das bis zu diesem Zeitpunkt vom Hauptamt der Stadtverwaltung betreut wurde. „Das Museum bekam mit dem promovierten Kunsthistoriker eine professionelle Ausrichtung, was sich in einer engagierten Ausstellungsund Sammlungstätigkeit niederschlug“, schreibt Westphal. Der Sammlungsschwerpunkt des Museums im Bereich der Kunst war die Kunst des Bodenseeraums und Oberschwabens vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Durch Lutz Tittel sei dieser Bereich intensiv weiterentwickelt worden, unter anderem durch den systematischen Ausbau der vorhandenen Dix-Sammlung zu einer der bedeutendsten und größten in Deutschland.
Weitere Schwerpunkte waren die „Klassiker der Moderne“und die zeitgenössische Kunst, der sein besonderes Interesse galt, was sich in den vielen Ausstellungen zeigte, die unter seinem Kuratorium veranstaltet wurden. Lutz Tittel sah sich in den Künstlerateliers zwischen Allgäu und dem Hegau um, bezog Vorarlberg
und Appenzell mit ein, und präsentierte seine dabei gemachten „Entdeckungen“etwa in der über mehrere Jahre hinweg gehenden Ausstellungsreihe „Treffpunkt Bodensee 3 Länder – 3 Künstler“.
Er war einer der Initiatoren bei der Gründung des Friedrichshafener Kunstvereins im Jahr 1983, dessen erster Geschäftsführer er wurde. Unter seiner Federführung gelang es dem Kunstverein 1985 in einer der Friedrichshafener Messehallen eine Ausstellung des unlängst verstorbenen belgischen Künstlers Panamarenko mit über 50 (Flug-)Objekten zu organisieren. Lutz Tittel initiierte die Gründung der Artothek (heute dem Medienhaus angegliedert), über die sich jeder Interessierte grafische Blätter zeitgenössischer Künstler für eine gewisse Zeit ausleihen kann. Den Umzug des Bodensee-Museums in den zum Zeppelin-Museum umgebauten Hafenbahnhof erlebte Lutz Tittel nicht mehr in Friedrichshafen. Er ging 1992 nach Regensburg, wo ihn als Direktor des „Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg“eine neue Aufgabe erwartete.
„In seinem Engagement für die Kunst zeigte er sich als ein ausdauernd wacher, aufmerksamer, aber auch streitbarer und keineswegs immer bequemer Zeitgenosse“, schreibt Westphal. „Er hatte die Fähigkeit, Menschen für sich einzunehmen und für die Kunst zu begeistern, wich aber auch konfrontativen Auseinandersetzungen nicht aus.“Viele Kunstfreunde bedauerten seinen Weggang aus Friedrichshafen, war durch Lutz Tittel doch eine bis dahin nicht gekannte Dynamik in den hiesigen Kunstbetrieb gekommen – aufregend und anregend zugleich.