Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ende des Doperparadieses
NADA nimmt den Anti-Doping-Kampf wieder auf
KÖLN/BONN (SID) - Fast zwei Monate muss es das Paradies auf Erden gewesen sein – zumindest für die Sportler, die darauf aus sind zu betrügen. Keine Kontrollen, keine Sorgen und dafür jede Menge Möglichkeiten, mit verbotenen Mitteln die eigene Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Doch damit soll es nach der Vorstellung der deutschen Dopingjäger bald vorbei sein. Die Nationale AntiDoping-Agentur (NADA) fährt „mit langsamen Schritten“das Kontrollsystem wieder hoch.
Das „oberste Ziel“sei, „in ein, zwei Wochen Richtung Normalität zu kommen“, sagte Andrea Gotzmann, Vorstandsvorsitzende der NADA, bei der Pressekonferenz zum Jahresbericht 2019 in Bonn. Eigentlich stehen bei diesem Termin die Zahlen des Vorjahres im Mittelpunkt, diesmal ging es vor allem um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Anti-DopingKampf. Und der muss trotz aller Zuversicht im NADA-Vorstand weiter mit starken Einschränkungen leben.
Zwar hat die NADA die Mitte März ausgesetzten Kontrollen seit dem 18. Mai wieder aufgenommen, allerdings in deutlich geringerem Maß als vor der Krise. Trainingsund Blutkontrollen sind wegen der hohen Hygienestandards derzeit nur vereinzelt möglich, im Wettkampf befindet sich nur die Fußball-Bundesliga. Auch wenn die NADA ankündigte, die fehlenden Tests durch erhöhte Qualität der Analytik und die langfristige Auswertung des biologischen Athletenpasses zu kompensieren, bleiben Zweifel - auch in Richtung Olympische Spiele 2021.
Alfons Hörmann, Präsident des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), klang zuletzt im Spiegel-Interview wenig kämpferisch, als er mit Blick auf die verschobenen Spiele in Tokio und mögliche Dopingvergehen feststellte: „Mit dieser Problemstellung oder dem Nachteil muss man dann im nächsten Jahr leben. Andernfalls müsste man auf die Spiele verzichten. Das will keiner.“
Ganz so schwarz malen will die NADA nicht. Es habe während des Lockdowns in vielen Ländern nicht nur keine Kontrollen gegeben, sondern auch keine Trainingsmöglichkeiten, sagte Andrea Gotzmann. Zu Hause auf der Couch sitzen und sich verbotene Mittel spritzen? „Das ist nicht der Weg, wie wir Doping kennengelernt haben“, so Gotzmann, die zugab: „Es wird schwierig werden, aber die Phase bis zu den Olympischen Spielen ist noch sehr lang.“Voraussetzung für einen erfolgreichen Anti-DopingKampf sei, „dass wir schnellstmöglich weltweit einen hohen Standard erreichen“.
Bis dahin bleiben Lücken hinsichtlich großer Wettkämpfe in „Hochrisiko“Sportarten wie dem Radsport. Die Tour de France findet nach dem Plan der Verantwortlichen im September statt, die Vorbereitung der Fahrer war anders als die Kontrollen der Dopingjäger nicht unterbrochen. Erst neue Proben können aufschlüsseln, wie sich „das Muster im biologischen Athletenpass verändert hat“, sagte Gotzmann: „Ich glaube, dass wir sehr viele Informationen bekommen können, weil wir sehr empfindliche Warnsysteme haben.“Die Botschaft: Betrüger sollten sich nicht zu sicher fühlen. Die NADA ist darauf aus, sie aus dem Paradies zu vertreiben.
„Es wird schwierig werden, aber die Phase bis zu den Olympischen Spielen ist noch sehr lang.“
Nada-Vorsitzende Andrea Gotzmann über den Anti-Doping-Kampf im Vorfeld von Tokio 2021