Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
So reagieren ZF-Mitarbeiter auf den geplanten Stellenabbau
Manche machen sich große Sorgen um ihren Job, andere bleiben gelassen – Ein Stimmungsbild
Von Marlene Gempp und Ralf Schäfer
FRIEDRICHSHAFEN - Donnerstagabend, 19.30 Uhr. Schichtwechsel. Am Tor bei Halle 9 herrscht kurz Betrieb: Die Spätschicht im ZF-Werk 2 hat Feierabend, die Nachtschicht begiennt. Ein Brief der Geschäftsführung an die Belegschaft hat am Nachmittag für Aufregung gesorgt: Bis 2025 sollen weltweit bis zu 15 000 Stellen, in Deutschland etwa 7000 Arbeitsplätze abgebaut werden.
Ein „Unding“sei der geplante Stellenabbau, sagt ein Mitarbeiter, der seit 20 Jahren bei ZF arbeitet. Das erzählt er auf dem Weg zu seinem Schichtbeginn. Seinen Namen möchte er lieber nicht verraten. „Ich bekomme täglich direkt mit, wie die Kollegen mit befristeten Verträgen um ihre Stellen bibbern.“
Ein solcher kommt gerade aus seiner Schicht. „Mein Vertrag ist befristet bis Ende des Jahres,“erzählt Max Wiedemann aus dem Deggenhausertal. Er mache sich allerdings keine zu großen Sorgen und bleibe optimistisch: „Wenn es mich trifft, muss es eben woanders weitergehen.“
Ein anderer Kollege, der gerade Feierabend macht und seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, macht sich dagegen mehr Sorgen um seinen Job: „Ich bin seit zweieinhalb Jahren bei ZF. Mein Vertrag ist befristet und ich mache mir gerade große Sorgen um meine Stelle und den ganzen Standort Friedrichshafen.“Er habe während der Arbeit nichts von Stellenabbau mitbekommen.
So wirklich Sorgen macht er sich nicht. Der Mann, der seinen Namen nicht nennen will, sich einfach nur „Bernd“nennt, scheint keinerlei Angst vor einem Verlust seines Arbeitsplatzes zu haben: „Ich habe zwei Kinder und arbeite hier seit 20 Jahren. Bis 2025 kann noch viel passieren“, sagt er. Unter Umständen würden viele der Arbeitsplätze, die jetzt zur Disposition stehen, durch Verrentung abgebaut. Wer schon länger dabei ist und keinen befristeten Vertrag hat, scheint sich derzeit keine großen Sorgen zu machen, erklärt „Bernd“. Betriebsbedingte Kündigungen – daran glaube er nicht, eher an die Lösung, die Stellen von Kollegen, die in den Ruhestand gehen, nicht neu zu besetzen.
Ein solcher könnte Luigi La Rossa sein, der gerade erst mit der Schicht anfängt. Der sieht es kurz vor dem Tor etwas gelassener: „Ich arbeite hier seit 40 Jahren. Wenn meine Stelle abgebaut wird, gehe ich eben einige Monate früher als geplant in den Ruhestand.“Wenn dafür der Arbeitsplatz eines jüngeren Mitarbeiters
gerettet werde oder ein Kollege sogar eingestellt werden könnte, wäre das für ihn vollkommen in Ordnung. Er würde sich sogar darüber freuen.
Ein Kollege besagten „Bernds“, namentlich ebenfalls lieber nicht genannt, vertritt ebenfalls die Meinung, dass alles halb so wild sei. Solche Situationen habe er schon mehrere erlebt, zuletzt 2008. Und kurz nachdem viele Mitarbeiter rausgeflogen seien, habe man sie damals wieder eingestellt. Sorgen mache er sich auch vor allem um die in den vergangenen drei Jahren befristet eingestellten Kollegen. Deren Jobs stünden viel eher auf der Kippe. Er ergänzt: „Wir haben genug Arbeit und bekommen eigentlich gar nichts mit von einer Krise.“Auch unter den Kollegen sei während der Schicht nicht viel über das Thema Stellenabbau gesprochen worden.
Viel sprechen wollen die meisten ZFler nicht, die durch das Tor gehen. Die meisten wollen sich zum Brief der Geschäftsleitung heute noch nicht äußern. WIRTSCHAFT