Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mit voller Sternenkraft aus der Krise
Erst ausgezeichnet, dann wegen Corona geschlossen: Jetzt ist das Fine-Dining-Restaurant „SEO“wieder da
Von Tanja Poimer
LANGENARGEN - Entspannung und Genuss: Das will Michael Ritter seinen Gästen bieten. Die Basis dafür bilden zwei Hotels samt Gastronomie direkt am Bodensee. Star seines Ensembles: Das Fine-Dining-Restaurant „SEO Küchenhandwerk“, das der renommierte Führer „Guide Michelin“Anfang März mit einem seiner begehrten Sterne ausgezeichnet hat. Die Corona-Krise verdunkelte die Strahlkraft zwar vorübergehend. Doch jetzt ist das geschmackvolle Lokal wieder da – und mit ihm Roland Pieber, 34 Jahre junger Küchenchef, in der Hauptrolle.
„SEO“ist Michael Ritter zufolge Altdeutsch und bedeutet See. Bereits im Sommer 2019 bei der Eröffnung des Restaurants, das im Viersternehotel Seevital zu finden ist, erklärte er, dass er mit seinem Maître de Cuisine „Langenargen auf der kulinarischen Landkarte platzieren“will. Das ist den beiden Österreichern tatsächlich gelungen, und zwar „viel schneller als gedacht“. Glücklicherweise sei das „Michelin“-Team rasch auf das „SEO“aufmerksam geworden und habe Ende vergangenen Jahres einen seiner Inspektoren vorbei geschickt – inkognito versteht sich. Und dem Testesser schmeckte offenbar, was er wie aufgetischt bekam.
Im „Guide Michelin“heißt es jedenfalls: Nicht minder erwähnenswert als die „gewisse Exklusivität“des Hauses am See sei die moderne Küche von Roland Pieber. Und weiter: „Der junge Österreicher beweist hier als Küchenchef echtes Talent, wenn er beispielsweise aus zartem geschmortem Lamm, arabischem Kraut, Tapenade und Riebel ein ausdrucksstarkes Gericht mit schöner Balance und feinen Kontrasten kreiert – regionale und alpenländische Akzente inklusive.“
Zum Erfolgsrezept sagt Betreiber Michael Ritter, 42 Jahre alt, selbst Haubenkoch und für den Service am Gast mit verantwortlich: „Rolands Technik, die besonderen Zutaten von regionalen Erzeugern und das Spiel mit Tradition und Moderne.“Regional heißt zum Beispiel: Fleisch stammt aus dem Allgäu, Mozzarella von Wasserbüffeln aus dem vorarlbergischen Höchst, Gemüse pflanzt ein Bauer in Tettnang an, und Pilze sammelt der Küchenchef persönlich. Es geht aber noch viel näher: Die Kräuter werden in einem Garten auf der Dachterrasse gezogen.
Oder um es mit Roland Pieber zu sagen, der unter anderem 2018 den namhaften Nachwuchskochwettbewerb
„Junge Wilde“für sich entschied: „Unser Anspruch ist es, das Beste auf den Teller zu legen, das wir kriegen können.“Zur Belohnung für das kulinarische Engagement fiel ein Stern vom „Michelin“-Himmel. Die Einladung nach Hamburg zur Präsentation der Restaurants, die in der neusten Ausgabe des Gastroführers entsprechend bedacht sind, bekam der Küchenchef per E-Mail. „Wir hatten die Flüge schon gebucht“, erzählt der 34-Jährige.
Und dann kam Corona. Die Veranstaltung wurde wie so vieles abgesagt, Hotels und Lokale mussten schließen. Ein erster Trost: Den Sternekoch und seinen Mentor erreichten Glückwünsche aus aller Welt: „Uns haben Menschen und bekannte Gastronomen bis aus Shanghai gratuliert“, sagt Michael Ritter. „Wir sind schon ein bisschen stolz.“Nun gehe es darum, die Erwartungshaltung, die hoch sei, zu bestätigen.
Eine weitere Herausforderung: „So schnell wie die Krise aufgezogen ist, war das existenzgefährdend.“Glücklicherweise werde das junge Unternehmen, das bis zu 70 Mitarbeiter beschäftigt und zu dem das Seehotel Litz wenige Meter weiter gehört, die erste Welle packen. Seit vergangener Woche hat das „SEO“wieder geöffnet. Dank der Auszeichnung seien die ersten Tische, von denen das Fine-Dining-Restaurant nur vier hat, längst reserviert.
Wem Sinn und Portemonnaie nicht nach acht Gängen für 144 Euro (mit Weinreise 210 Euro) und der ganz gehobenen Küche stehen, der kann im anderen Teil des Lokals wieder im „Pasta Nr. 1“Platz nehmen. Benannt nach Michael Ritters gleichnamigem Kochbuch und ihm zufolge „aufgebaut wie eine Reise durch Italien. Es gibt Snacks, Pasta, aber auch geschmortes Fleisch oder Meeresfrüchte.“
Von Freitag an dürfen zudem die beiden Hotels Übernachtungsgäste empfangen. Einige Buchungen liegen vor, laut Chef ist die Auslastung nicht annähernd so wie üblicherweise zu Pfingsten. Weil Michael Ritter trotzdem ein Rundumpaket schnüren will, „das funktioniert“, macht dann auch die neue Wein- und Cafébar „Uhland“auf, die der Betreiber ebenfalls führt – lokalisiert im Seehotel Litz gegenüber vom Uhlandplatz. Ein zusätzliches Angebot: In „Sarah’s
Diner“im Restaurant nebenan, das verpachtet ist, stehen selbstgemachte Burger auf der Karte.
Spätestens jetzt ist klar, dass der Hotelier und Gastronom nicht übertreibt, wenn er sagt: „ Essen und Trinken sind mein Leben. Das war schon immer so.“Apropos: Was isst Sternekoch Roland Pieber am liebsten? „Es darf nicht zu kompliziert sein. Ein gutes Brot mit Rauchfleich oder ein Kalbsschnitzel mit Kartoffelsalat sind schon auch was Schönes.“
Wer
will, was nicht nur in Zeiten von Corona zu empfehlen ist, kann das im Internet erledigen unter