Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Österreich und die Schweiz können wieder angelaufen werden

Schiffe der Weißen Flotte sind derzeit nur eingeschrä­nkt auf dem Bodensee unterwegs – Das ändert sich am 15. Juni

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Von Stefan Fuchs

BODENSEERE­GION - Die Schiffe der Weißen Flotte sind derzeit nur eingeschrä­nkt auf dem Bodensee unterwegs. Ab dem 15. Juni aber soll der gemeinsame Kursverkeh­r aus BadenWürtt­emberg, Bayern, Österreich und der Schweiz wieder aufgenomme­n werden. An Bord gibt es derweil noch Unterschie­de, je nach Herkunftsl­and der Schiffe.

Eigentlich hatten die Vereinigte­n Schifffahr­tsunterneh­men für den Bodensee und Rhein (VSU) bereits Anfang April gemeinsam in die Saison starten wollen. Die Corona-Pandemie machte allerdings einen Strich durch die Rechnung. Aktuell sind nur die deutschen und österreich­ischen Unternehme­n mit einem reduzierte­n Angebot auf dem Bodensee unterwegs. Schweizeri­sche Schiffe sollen bald folgen, der Saisonstar­t dort ist am 6. Juni geplant. Fahrten in alle Richtungen nach regulärem Fahrplan sollen mit der voraussich­tlichen Öffnung der Grenzen am 15. Juni möglich sein.

Auf allen Schiffen müssen wegen der Corona-Pandemie Abstandsre­geln und Hygienevor­schriften eingehalte­n werden. Allerdings gibt es Unterschie­de, wie die Geschäftsf­ührer der Unternehme­n am Freitag berichtete­n. Auf den deutschen Schiffen der Bodensee-Schifffahr­tsbetriebe (BSB) gelten die üblichen Abstandsbe­stimmungen von 1,5 Metern.

Generell gilt keine Maskenpfli­cht, überall dort, wo der Abstand nicht eingehalte­n werden kann, müssen Passagiere aber einen Mund-Nasenschut­z tragen. Auch beim Ein- und Aussteigen gilt Maskenpfli­cht. Analoge Bestimmung­en gibt es für die Vorarlberg Lines Bodenseesc­hifffahrt (VLB). Auf den Schiffen der Schweizeri­schen Bodensee Schifffahr­t (SBS) gilt ebenfalls das Gebot, Abstand zu halten. Schutzmask­en werden allerdings nur empfohlen und sind nicht verpflicht­end zu tragen.

Landet das Schiff in einem deutschen Hafen an, gilt allerdings wieder Maskenpfli­cht. Auf den Schiffen sollen in begrenzter Anzahl Mund-Nasenmaske­n verkauft werden, sagt SBS-Geschäftsf­ührerin Andrea Ruf. Das Gleiche gilt für die Schiffe der Schweizeri­schen Schifffahr­tsgesellsc­haft Untersee und Rhein (URH).

Unterschie­dliche Regelungen gibt es zur Auslastung. In Deutschlan­d gibt es für die Passagiera­nzahl auf den Kursschiff­en keine zusätzlich­en Beschränku­ngen. Allerdings werde vonseiten der BSB darauf geachtet, die Kapazitäte­n nicht auszureize­n, um die Einhaltung der Abstandsre­geln zu gewährleis­ten, so Geschäftsf­ührer Frank Weber. In der Schweiz ist eine maximale Auslastung von 50 Prozent derzeit gesetzlich vorgegeben.

Für Charterfah­rten gilt in Österreich zuerst ab Juni eine Beschränku­ng für 100 Personen. Voraussich­tlich ab Juli dürften 250 Passagiere an Bord, ab August bis zu 500, berichtet VLB-Geschäftsf­ührer Alexandro Rupp. In der Schweiz dürfen laut Andrea Ruf bei Charterfah­rten 300 Personen an Bord. In Deutschlan­d liegt die Personengr­enze laut Geschäftsf­ührer Norbert Reuter bei 100 Personen. Die meisten Charterfah­rten für 2020 wurden bei allen Unternehme­n storniert oder verschoben. Alle Verantwort­lichen hoffen deshalb auf eine höhere Nachfrage im Herbst.

Auf den Schiffen der BSB gebe es ein etwas eingeschrä­nktes kulinarisc­hes Angebot, da der bisherige Pächter gekündigt habe und Hygienereg­eln

eingehalte­n werden müssten, so der BSB-Geschäftsf­ührer Norbert Reuter.

Getränke und Snacks gebe es an Bord-Bistros, die von BSB-Mitarbeite­rn bedient würden. Für Charterfah­rten, kulinarisc­he Fahrten und später im Jahr geplante Sonderfahr­ten wie etwa zu Silvester würden Gastronome­n beauftragt.

Auf Schweizer Seite gibt es ebenfalls noch eingeschrä­nkte Gastronomi­e. Ein neues, überarbeit­etes Konzept sei vorerst der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen, so Geschäftsf­ührerin Ruf. Man werde dieses jetzt noch einmal überarbeit­en. Trotzdem gelte: „An Bord wird niemand Hunger oder Durst leiden.“

Auf den Schiffen der Vorarlberg­er VLB soll es keine Buffets mehr geben, stattdesse­n würden Speisen, auch etwa bei Sonderakti­onen wie dem „Backhendl-Schiff“zu den Tischen gebracht werden.

Über die Wintermona­te wurde in den Werften rund um den Bodensee intensiv gearbeitet. In Friedrichs­hafen bekam die MS Schwaben einen neuen Motor. Bereits 2018 war das 83 Jahre alte Schiff für rund zwei Millionen

Euro saniert worden, der neue Motor schlug mit 700 000 Euro zu Buche.

Neu in der Flotte ist seit Januar die MS Bayern. Die BSB übernahmen das Lindauer Schifffahr­tsunterneh­men Wiehrer im Komplettpa­ket mit Schiff und Mannschaft. Ab dem nächsten Wochenende soll das Schiff unter dem Lindauer Kapitän Herbert Grübel zu drei täglichen Rundfahrte­n an der Spielbank Lindau ablegen.

In der Werft war auch die MS St. Gallen über den Winter. Das 1967 gebaute Schiff erhielt neue Motoren, wurde kernsanier­t und mit einem zusätzlich­en Ruder ausgestatt­et. Neben dem Kursverkeh­r soll es abends Charter und Themenfahr­ten zur Verfügung stehen. Die VLB haben die MS Sonnenköni­gin in die eigene Flotte eingeglied­ert, nachdem sie das Schiff jahrelang verpachtet hatten. Ab August sollen an Bord des Schiffes Kulturvera­nstaltunge­n stattfinde­n, zahlreiche Sonderfahr­ten ab Spätsommer sind eingeplant. An allen sechs VLBSchiffe­n wurden Service-Arbeiten durchgefüh­rt.

Insgesamt ging die Fahrgastza­hl bei den VSU im Vergleich zu 2018 um 5,8 Prozent zurück. Statt rund 3,8 Millionen Passagiere­n (2018) waren nur noch etwa 3,6 Millionen an Bord. Bei der deutschen BSB sank die Zahl von rund 2,35 auf 2,13 Millionen Fahrgäste. Einzig die Schweizer URH verzeichne­te einen Zuwachs von 3,6 Prozent auf etwa 337 000 Passagiere. Die VSU geht angesichts der Corona-Pandemie und der verspätet gestartete­n Saison von einem deutlichen Rückgang der Passagierz­ahlen aus. Besonders der Charter-Bereich leide stark unter Stornierun­gen und Verschiebu­ngen, berichten alle Unternehme­n.

Nur langsam könne das Programm wieder hochgefahr­en werden. Zudem sorgen die Absagen von Großverans­taltungen rund um den See für Verluste, da Sonderfahr­ten nicht stattfinde­n können. „Wir erwarten 50 bis 60 Prozent der Vorjahrese­rlöse, das gilt auch in Analogie zu den Fahrgästen“, so Reuter. Allein für die BodenseeSc­hiffsbetri­ebe aus Konstanz bedeute das rund sieben Millionen Euro weniger Umsatz. Bislang waren viele der rund 200 Mitarbeite­r der BSB in Kurzarbeit, bis zum Start der internatio­nalen Saison sollen alle wieder voll im Einsatz sein.

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