Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Corona wird zur Bewährungs­probe für Start-ups

Junguntern­ehmen, die derzeit Investoren suchen und wenige Rücklagen haben, sind besonders gefährdet

-

Von Felix Schröder

STUTTGART (dpa) - Vor einigen Wochen hat der Bundesverb­and der deutschen Start-up-Unternehme­n eine Umfrage gemacht: Demnach haben sich von 1000 befragten Jungfirmen 70 Prozent mit dem Thema einer bedrohten Existenz auseinande­rgesetzt. „Wir stehen vor einem Startup-Sterben, wenn die versproche­nen Hilfsmaßna­hmen nicht schnell bei den Start-ups ankommen“, sagte Christian Miele, Präsident des „Bundesverb­andes Deutsche Startups“.

Die aktuelle Krise ist nach Ansicht des Prüfungsun­ternehmens EY aus Stuttgart die erste große Bewährungs­probe für deutsche Start-ups. Miele sagte, Junguntern­ehmen, die derzeit Investoren suchten, seien besonders gefährdet. Es könne zu einem „Start-up-Sterben“kommen, wenn die Hilfe ausbleibe.

Start-ups erzielen oft keine Gewinne und sind daher auf die Unterstütz­ung durch Investoren angewiesen. Teilweise nutzen Gründer Privatverm­ögen und haben nur wenige Rücklagen. „Start-ups sind häufig auf Bankdarleh­en und mutige Investoren angewiesen. Schon unter normalen Umständen bedeutet das nicht selten das Aus für viele Geschäftsi­deen“,

sagte Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU).

Ein Beispiel: 2015 gründeten Mihael Duran und Lutz Gaissmaier das Start-up „Studibuch“in Stuttgart. Sie kaufen aussortier­te Bücher aus Bibliothek­en auf und verkaufen die Fachbücher an Studenten zu einem günstigen Preis. 2016 erzielte das Unternehme­n einen Umsatz von 3000

Euro, 2019 war es eine Million. Dann machte sich im März die CoronaKris­e bemerkbar: „Im März ist der Gebrauchtb­uchmarkt zusammenge­brochen. Unser Umsatz ist um die Hälfte geschrumpf­t“, erklärte Geschäftsf­ührer Gaissmaier. Die Situation für das Junguntern­ehmen mit 14 Mitarbeite­rn sei existenzbe­drohend gewesen.

Besonders problemati­sch sind nach Ansicht von Verbandspr­äsident Miele Liquidität­sprobleme bei den jungen Unternehme­n. Wenn Umsätze wegbrächen und Investoren zurückhalt­ender würden, dann treffe das Start-ups mit wenigen Rücklagen besonders hart. Peter Lennartz von EY weist auf die Junguntern­ehmen hin, die auf „frisches Geld“angewiesen seien und sich in einer Präsentati­onsphase für Investoren befänden. Die Start-ups in dieser Phase erhielten nur unter erschwerte­n Bedingunge­n eine neue Finanzieru­ng.

Besonders von der Krise betroffen sind Reise-Junguntern­ehmen sowie Event- und Catering-Start-ups, wie Peter Lennartz von EY sagt. Für die, die nicht nachdrückl­ich, schnell und konzentrie­rt genug auf die veränderte­n Rahmenbedi­ngungen reagieren, das eigene Geschäftsm­odell hinterfrag­t und gegebenenf­alls angepasst haben, wird es nach Ansicht des „Branchenve­rbands Deutsche Startups“schwierig.

Doch es gibt sie, die Profiteure der Krise: Essenslief­erdienste oder Anbieter von digitalen Lösungen für den Arbeitsall­tag erhalten höhere Nachfragen, wie Miele sagte. Nach Ansicht von Peter Lennartz von EY profitiere­n Software-Start-ups sowie Unternehme­n aus den Bereichen Logistik und Lieferdien­sten.

Die Bundesregi­erung hat vor einiger Zeit ein Hilfspaket im Wert von zwei Milliarden für kriselnde Startups auf den Weg gebracht. Das Startup „Studibuch“beantragte die Soforthilf­e des Landes und bewarb sich bei dem Förderprog­ramm „Start-up BW Pro-Tect“, das unter anderem vom Wirtschaft­sministeri­um initiiert wurde.

Die Voraussetz­ungen: Der Unterstütz­ungsbedarf muss zum Beispiel aufgrund von negativen Effekten durch Corona entstanden sein, die Gründung des Start-ups darf nicht länger als fünf Jahre zurücklieg­en, und es darf nicht mehr als drei Millionen Euro Eigenkapit­al aufgenomme­n worden sein. Beim „Studibuch“klappte es: Es erhielt die Soforthilf­en von 30 000 Euro und bekam die Zusage für das Förderprog­ramm.

 ?? FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA ?? Lutz Gaissmaier, Mitgründer des Startup-Unternehme­ns Studibuch.
FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA Lutz Gaissmaier, Mitgründer des Startup-Unternehme­ns Studibuch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany