Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Über die Liebherr-Erweiterung soll im September entschieden werden
Unternehmen wollen bis September den Markt sondieren und prüfen, ob oder wie umfangreich die Erweiterung nötig ist
Von Ralf Schäfer
FRIEDRICHSHAFEN - Die Entscheidung über die Expansionsfläche der Liebherr Aerospace GmbH und der Aerospace Transmission Technologies GmbH (ATT) sollte im Juli 2020 fallen. Das hatte der Gemeinderat im November vergangenen Jahres beschlossen. Jetzt liegt allerdings ein Antrag der Firmen vor, die Entscheidung in den September zu verschieben – wegen Corona.
Die beiden Luftfahrtunternehmen hatten eine Expansion beantragt, um gemeinsam die Produktion zu erweitern. Dabei war eine Möglichkeit die Nutzung einer am Flughafen gelegenen Fläche von 2,2 Hektar, auf die Liebherr eine Option hat, ie aber logistisch schlecht anzubinden ist, weil Bahnlinie und Straße zwischen den Grundstücken verlaufen. Eine andere ist die Erweiterung um rund 3,6 Hektar in Richtung Seewald. Diese Möglichkeit war seinerzeit mit großen Protesten gegen die damit verbundene Teilrodung des Seewaldes begleitet worden.
Weil jetzt aufgrund der veränderten Lage durch die Pandemie die beiden Unternehmen den Markt sondieren und die Notwendigkeit sowie den Umfang der Erweiterung noch prüfen wollen, erbitten sie einen Aufschub der Entscheidung bis September. Der Gemeinderat war in nicht öffentlicher Sitzung am 25. Mai bereits informiert worden.
Die Unternehmen bitten die Stadt um ein Planungsmoratorium bis September, weil „aufgrund der Corona Krise (...) massive Auswirkungen auf die Luftfahrt eintreten. Liebherr und ATT wollen bis dahin die voraussichtliche Entwicklung der Märkte und Bedarfe beobachten. Liebherr bittet um Verständnis, dass zum jetzigen Zeitpunkt mehr Zeit benötigt werde, um eine Entscheidung zu treffen. Liebherr und ATT hoffen, dass im September 2020 belastbare Zahlen zur Entwicklung des Luftfahrtmarktes vorliegen, um eine Entscheidung für mittel- und langfristige Planung der Werkserweiterung von Liebherr-Aerospace und Aerospace Transmission Technologies (ATT) vornehmen zu können“, schreibt die Stadt Friedrichshafen in der Vorlage zu der kommenden Sitzung des Finanzund Verwaltungsausschusses (FVA), der am Montag, 15. Juni, tagen wird.
Zudem, so die Stadtverwaltung weiter, setze Liebherr noch auf Gespräche und Verhandlungen mit anderen Partnern, die eine Expansion der Werksflächen möglich machen, dabei aber die Eingriffe in den Seewald reduzieren oder gar ganz ausschließen.
Im April 2019 hatten Umweltverbände, BUND, Nabu und Greenpeace
5050 Unterschriften an Oberbürgermeister Andreas Brand und Baubürgermeister Stefan Köhler übergeben. Der Widerstand gegen die Teilrodung hat den Wahlkampf bestimmt. Und schließlich sind die Kleingärtner entlang der Bahnstrecke Sturm gegen die mögliche Vernichtung ihrer Gärten gelaufen. Die Kleingartenanlage ist als Bestandteil des Bebauungsplanes aufgeführt.
Das Netzwerk für Friedrichshafen wollte dann im November im Gemeinderat den Beschluss, für die Erweiterung
einen Bebauungsplan auf die Teilflächen des Seewalds zu legen, aufheben lassen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Unternehmen bereits mit der Prüfung von alternativen Flächen begonnen, die eine Teilrodung nicht erforderlich machen würden.
Die Intention der Unternehmen, nach Alternativen zu suchen, ist, laut damaliger Aussage von Oberbürgermeister Andreas Brand, nicht politisch erzwungen, sondern sei eine Initiative der Geschäftsführung von
Liebherr Aerospace GmbH gewesen.
Der Gemeinderat hat dann im November vergangenen Jahres beschlossen, zum einen die Option von Liebherr auf die Fläche am Flughafen zu verlängern. Zum anderen sollte im Juli erneut über das Thema gesprochen werden. Oberbürgermeister Andreas Brand ging damals davon aus, dass schon eher Ergebnisse vorgestellt würden.
Unterdessen sind auch die Kartierungsarbeiten im Plangebiet, dem Bereich des Seewaldes, abgeschlossen. Das Büro USIP aus Tübingen stellt die Unterlagen derzeit zusammen und bearbeitet die Raumanalyse. Die könnte bis Juli 2020 fertiggestellt werden.
Trotzdem soll der FVA, später dann der Ausschuss des Gemeinderates für Planen, Bauen und Umwelt und schließlich der Gemeinderat selbst am 29. Juni beschließen, dass über das Thema Erweiterung von Liebherr Aerospace GmbH und Aerospace Transmission Technologies GmbH (ATT)anstatt bis spätestens im Juli 2020 nunmehr im vierten Quartal 2020 entschieden wird. Die Option auf die Flughafenfläche soll ebenfalls verlängert werden.
Die beginnt am Montag, 15. Juni, um 17 Uhr in Halle A2 in der Messe.