Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wo sich Glücksbringer und Sommerboten wohlfühlen
Monique und Klaus Lindemann haben 28 Schwalbennester am Haus - Ihr Engagement wurde nun geehrt
Von Silja Meyer-Zurwelle
IMMENSTAAD - Reges Geflatter, ein Kommen und Gehen: An der Hauswand von Monique und Klaus Lindemann ist ganz unverkennbar Mittagszeit. Nicht etwa, weil die Sonne die weiße Mauer noch etwas weißer erstrahlen lässt, sondern, weil die Schwalben im Minutentakt ihre Nester aufsuchen und wieder verlassen. Die Essensanlieferung ist offensichtlich in vollem Gange. 14 Junge hat Klaus Lindemann schon gezählt, 28 Nester sind unter dem Dach angebracht. Für ihr vogelfreundliches Engagement wurde das Ehepaar Lindemann nun vom Naturschutzbund (Nabu) als schwalbenfreundliche Hausbesitzer ausgezeichnet.
Die Silhouetten der Schwalben am Himmel sind unverkennbar, leicht wie Federn, flink und wendig sehen sie aus. So nah, wie in dem Garten der Lindemanns sieht man sie jedoch selten. Jedes Jahr im April und Mai kehren sie hierher zurück. Bei Monique und Klaus Lindemann ist die kleine Kolonie schon seit vielen Jahren zu Gast. „Als ich dann vor einiger Zeit zufällig die Ausschreibung für schwalbenfreundliche Hausbesitzer im Internet sah, habe ich einfach draufgeklickt und mich beworben“, berichtet Klaus Lindemann, der selbst Vorstandsmitglied im Immenstaader Naturschutzbund (Bund) ist.
Die Freude, dass es Menschen wie die Lindemanns gibt, die den Schwalben das Nisten ermöglichen, steht Christine Kaptein vom NABU Friedrichshafen-Tettnang nicht nur ins Gesicht geschrieben, als sie dem Paar die Urkunde überreicht. Sie betont auch: „Wir sind wirklich dankbar dafür, dass sie die Schwalben, nicht von ungefähr auch Glücksbringer und Sommerboten genannt, willkommen heißen. Denn so zahlreich wie früher sind diese nicht mehr – auch nicht im Bodenseekreis. Eine der Hauptursachen dafür, ist der Verlust an Plätzen, an denen sie brüten können.“Mit der Aktion der Auszeichnung „Schwalbenfreundliche Hausbesitzer“erhofft sich der Nabu daher, Aufmerksamkeit dafür zu schaffen, dass es mit wenigen und einfachen Mitteln möglich ist, den Vögeln Nistgrundlagen zu bieten.
Dass der Bedarf bei den zierlichen Tieren da ist, macht auch Klaus Lindemann deutlich: „Wir haben zwar noch freie Nester, aber bei uns ist die Population mit 20 belegten von insgesamt 28 am Anschlag“, sagt er. Während er in früheren Jahren auch selbst noch Nestkörbchen gebaut habe, seien nun kleine Kugeln aus Beton, die man zu diesem Zweck sogar extra kaufen kann, das Heim der Vögel. Diese reinigt Klaus Lindemann im Herbst, sodass sie im Frühjahr wieder Schwalben zur Verfügung stehen. Bis zu fünf Eier seien pro Nest zu erwarten. Der Naturfreund zählt jedes Jahr fleißig mit, indem er die herabfallenden Schalen der winzigen Eier aufliest und daraus die Anzahl der geschlüpften Küken ableitet. Zwei Schwalbenarten sind es laut Nabu, die jedes Jahr aus ihren afrikanischen Überwinterungsgebieten zurück in die deutschen Städte und Dörfer kommen: die Mehl- und die Rauchschwalbe. Bei den Lindemanns haben sich Mehlschwalben niedergelassen.
Dass es nicht nur den Schwalben bei den Lindemanns gefällt, sondern auch das Paar viel Freude an dem regen Treiben hat, geht vor allem aus Monique Lindemanns Beschreibung des täglichen Spektakels hervor: „Hier kümmern sich alle Schwalben um alle Junge gleichermaßen, weil es eine Kolonie ist. Jeden Abend gibt es eine Diskussion, wer wo und mit wem schläft“, sagt sie und lacht, „pünktlich um 21 Uhr wird es mucksmäuschenstill. Dann ist Bettruhe.“