Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Corona-Krise belastet Flughafen schwer
Nach Germania-Insolvenz kommt nächste Herausforderung – Neue Reiseziele Ende Juni
Von Marlene Gempp
FRIEDRICHSHAFEN - Nach der Insolvenz der Fluggesellschaft Germania im vergangenen Jahr hatte der Flughafen Friedrichshafen kaum Zeit, sich von diesem Schlag zu erholen. Knapp drei Millionen Euro Umsatz fielen durch die Pleite weg. Das Jahresergebnis verzeichnet ein Minus von 2,8 Millionen Euro. Die Corona-Pandemie trübt nun auch die Aussichten auf das Jahr 2020. Jetzt startet die Reisesaison langsam, aber die Nachfrage nach Flügen ist derzeit schwer vorauszusehen.
Das Terminal ist noch leer. An den Schaltern bringen Flughafen-Mitarbeiter gerade Spuckschutzscheiben an. Denn nach knapp drei Monaten Stillstand soll der Flugbetrieb Ende Juni nach und nach wieder aufgenommen werden. Die ersten Flüge mit der Fluglinie Wizzair hoben bereits am 5. Juni ab. Zuvor war der Flughafen seit dem 22. März im Stand-By-Betrieb gewesen. Das bedeutet: Der Charter- und Linienflugverkehr wurde eingestellt, der Flughafen wurde aber für angekündigte Flüge, wie etwa medizinische Flüge, hochgefahren. Die meisten Mitarbeiter sind derzeit in Kurzarbeit.
Die aktuelle Krise, die den Flugbetrieb und die geplante Flugplanerweiterung gestoppt hat, könne nur mit Unterstützung bewältigt werden, sagt Geschäftsführer Claus-Dieter Wehr bei der Bilanz-Pressekonferenz: „Ohne finanzielle Hilfe wird es kein Flughafen in Deutschland schaffen, bis auf vielleicht die ganz großen wie Frankfurt oder München. Aus meiner Sicht sind da der Bund, die Länder und die jeweiligen Gesellschafter gefragt.“Momentan mache der Flughafen seine „Hausaufgaben“und schlüssele auf, welche Beträge benötigt würden. Bereits vor der Corona-Krise habe es Gespräche um ein Darlehen in Höhe von einer Millionen Euro sowie Investitionszuschüsse in Höhe von zwei Millionen Euro vom Land gegeben. Dafür müsste aber ein Konzept zur Zukunft des Flughafens vorliegen.
Die Corona-Krise hat den Flughafen Friedrichshafen knapp ein Jahr nach der unerwarteten Insolvenz der Fluggesellschaft Germania getroffen. 170 000 Passagiere fielen durch die Insolvenz weg. Der erhebliche Einbruch an Fluggästen und der Umsatzverlust von 2,9 Millionen Euro seien teilweise von anderen Fluggesellschaften kompensiert worden, erklärt Wehr. Neue Airlines wie Corendon sowie eine neue Verbindung der Fluggesellschaft Sun-Air nach Hamburg habe kurzfristig Umsätze eingebracht.
Auch die temporäre Schließung des Flughafens Memmingen im vergangenen Jahr habe zusätzliche Passagiere gebracht. Das sei aber, so Wehr, natürlich ein einmaliger Effekt gewesen. Dadurch sei der Rückgang der Passagierzahlen auf 51 000 gedrückt worden. Im Vergleich zum Jahr 2018 seien die Passagierzahlen aber um 9,4 Prozent zurückgegangen auf insgesamt rund 490 000 Fluggäste und damit zum ersten Mal seit Langem unter 500 000.
Insgesamt hätten knapp zwei Millionen Euro durch kurzfristige Akquise anderer Fluggesellschaften und auch durch Einsparungen kompensiert werden können. „Wir haben unter anderem an den Abschreibungen
gespart, da wir im vergangenen Jahr weniger investiert haben als ursprünglich geplant“, erklärt Wehr. Das Betriebsergebnis bleibe um 900 000 Euro schlechter als im Vorjahr.
Ab Ende Juni sollen nun als neues Ziel die griechischen Inseln von Friedrichshafen aus angeflogen werden. Im Winter sollen dann noch die Kanareninseln Las Palmas und Fuerteventura dazukommen. Wie hoch die Nachfrage nach den Flügen jetzt sein werde und zu welchen Umsatzverlusten die Corona-Krise schließlich führe, das könne derzeit noch nicht abgeschätzt werden, erklärt Geschäftsführer Wehr. Klar sei aber, dass die Pandemie eine große Herausforderung darstelle.
Wer für den Sommerurlaub ins Ausland fliegen will, muss bei Reiseantritt derzeit aber ein paar Regeln beachten: Im Terminal und im Flugzeug besteht Masken-Pflicht. Außerdem muss der Mindestabstand von anderthalb Metern, wo es möglich ist, eingehalten werden. um den Flughafen nach der Germania-Insolvenz und in der Corona-Krise sehen Sie im Video unter