Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eine letzte Mission
Wasserball-Bundestrainer Hagen Stamm wird 60
BERLIN (SID) - Den Ruf der Feierbiester haben sich die deutschen Wasserballer in der Vergangenheit redlich verdient, auch Hagen Stamm bildet da keine Ausnahme. Normalerweise würde es der Bundestrainer an seinem 60. Geburtstag auch krachen lassen. Vielleicht würden seine „15 Söhne“, wie Stamm die Nationalspieler nennt, ihn auch wieder mit einem schlüpfrigen Plakat überraschen, so wie damals beim Einzug ins Olympische Dorf von Peking: „Wir mögen pralle Bälle und feuchte Becken.“
Doch wegen Corona fällt die große Party am Freitag aus, „Mister Wasserball“stößt ganz gesittet mit der Familie an. Ganz so unglücklich scheint Stamm darüber gar nicht zu sein. „Die Welt ist ja entschleunigt worden in den letzten zwölf Wochen“, sagt er. „Da geht man auch so einen 60. Geburtstag ruhiger an.“
Auch am Beckenrand wird es der ehemalige Europameister ruhiger angehen lassen. Kurz vor seinem Geburtstag bestätigte er nochmals, was ohnehin längst klar war: Als seine letzten Amtshandlungen will Stamm die Nationalmannschaft zu den Olympischen Spielen nach Tokio führen und dort dann im Sommer 2021 seine Karriere als Trainer beenden. Und diesmal wirklich endgültig. „Ich bin sehr gern noch mal zurückgekehrt, um den deutschen Wasserball aus dem Dornröschenschlaf zu holen“, sagt der Präsident des deutschen Rekordmeisters Spandau 04, „aber nach Tokio sollte dann ein anderer ran.“Doch eigentlich wissen alle: Einen Besseren als Hagen Stamm gibt es in Deutschland für diesen Job nicht.
Als der deutsche Wasserball Ende 2015 am Boden lag, konnte Stamm nicht länger tatenlos zusehen. Er sprang nach vier Jahren Pause wieder als Bundestrainer ein, aus der Interimslösung wurde ein Glücksfall. Dank harter Arbeit und einem starken Teamgeist legten die deutschen Wasserballer unter Stamm die Opferrolle ab und stellten den Anschluss an die Weltspitze her. Der Viertelfinal-Einzug beim WMComeback 2019 in Südkorea war kein Zufall. Führt er die Wasserballer im Qualifikationsturnier im Februar in Rotterdam nach zwei verpassten Sommerspielen erneut zu Olympia, bekäme Stamm, der dreimal als Spieler (Bronze 1984) und zweimal als Trainer bei Olympia vertreten war, seinen krönenden Abschluss.
Spätestens im Sommer 2021 ist aber Schluss. „Diese 60 auf dem Kerbholz sind vielleicht ein Zeichen, um langsam auch noch andere schöne Aufgaben zu übernehmen“, sagt Stamm.