Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Zufall: Unwetter verschont Bodenseekreis
Während Starkregen in Lindau für Überflutungen sorgt, bleibt es in Friedrichshafen ruhig
Von Tanja Poimer
FRIEDRICHSHAFEN - Was für ein Wetterwechsel: Bis Samstagnachmittag haben Sonnenschein und sommerliche Temperaturen für ordentlich Betrieb in den Strandbädern und an den Uferpromenaden gesorgt. Am Abend zogen dann dunkle Gewitterwolken auf, die sich unterschiedlich stark über der Bodenseeregion ergossen. Während in Lindau die Hintere Insel unter Wasser stand, blieb es in Friedrichshafen ruhig. Dass in der einen Stadt in Summe bis zu 80 Liter Regen pro Quadratmeter fielen und in der anderen nur 15,6 Liter, ist Wetterexperte Roland Roth zufolge teilweise Zufall.
Ein sogenanntes Höhentief habe für eine explosive Mischung gesorgt: „Bei der Wetterlage leben die Schauer vom Temperaturunterschied zwischen unteren und oberen Luftschichten. Je größer der Unterschied, umso heftiger die Niederschläge“, erklärt der Fachmann von der Wetterwarte Süd im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“am Sonntag. Am Boden sei es in Friedrichshafen und Lindau gleich warm gewesen. In fünf Kilometern Höhe war es demnach über der bayerischen Stadt jedoch deutlich kälter. Roland Roth: „Lindau hat es nach dem Zufallsprinzip erwischt.“
Dazu kommt eine Besonderheit in der Landschaft: „Der Pfänderrücken ist wie ein Bollwerk. Ziehen die Wolken
aus der Schweiz heran, stauen sie sich an der Westseite des Berges, sind gezwungen aufzusteigen und regnen dabei ab.“Die Folgen seien im nahe gelegenen Lindau immer wieder zu erleben, berichtet der Wetterexperte – so wie zum Beispiel im Januar 2019, als die Stadt im Schneechaos versank, während wenige Kilometer weiter keine Flocke vom Himmel fiel.
Was die kommende Woche betrifft, sagt Roland Roth weiterhin Regen voraus, der je nach Ort wiederum verschieden stark ausfallen kann. So wie am vergangenen Samstag, an dem der Bodenseekreis weitgehend vom Unwetter verschont blieb: „Wir hatten so gut wie keine Einsätze“, heißt es auf SZ-Anfrage bei der Feuerwehr
Friedrichshafen. Um 19.50 Uhr sei lediglich ein Seenotfall bei Meersburg gemeldet worden, der letztendlich keiner war (siehe Seite 16). Zudem hätten Einsatzkräfte um 20.30 Uhr eine technische Hilfeleistung erbracht, was bei der Wetterlage üblicherweise heiße: Keller auspumpen. Danach ging bis Sonntagvormittag kein Alarm mehr ein. Ähnlich lautet die Auskunft von Polizei und Wasserschutzpolizei: Wettertechnisch betrachtet war nichts los.
Auch die Langenargener Feuerwehr musste nicht ausrücken. Zur Erleichterung von Kommandant Martin Schöllhorn, der die Lage allerdings im Auge behielt: „Auf dem Radar war zu sehen, wie das Unwetter vom Rheintal über Lindau wegzieht.“ Trotzdem erreichten ihn am Samstagabend einige Anrufe. Der Grund: Wind und Wellen brachten Schwäne und ihre Eier, die sie in der Bucht neben dem Schloss Montfort in Langenargen ausbrüten, in große Gefahr. Feuerwehrleute hatten erst vor einer Woche einen Schutzwall aus Sandsäcken um das Nest herum errichtet.
„Das Problem war das Kreuzgewell. Die Wellen schlugen gegen die Mauer und wieder zurück. Aber bei dem Wetter kann ich niemanden rausschicken“, berichtet Martin Schöllhorn. Die Entwarnung lieferte der Kommandant am Sonntagmittag: Der See habe zwar einige Sandsäcke weggespült. Aber: „Die Schwäne brüten immer noch.“