Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eisenmann lehnt Coronastrategie ab
Kultusministerin fordert deutlich mehr Tests als vom Sozialminister geplant
Von Kara Ballarin
STUTTGART - Wie häufig sollen Lehrer, Erzieher und Kinder auf das Coronavirus getestet werden? Um diesen Punkt ist in der grün-schwarzen Landesregierung ein Streit entbrannt. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“lehnt Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) die Strategie aus dem Haus von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) ab. Das Testkonzept sei bei Weitem nicht ambitioniert genug.
Zum 29. Juni öffnen in BadenWürttemberg die Grundschulen und Kitas für alle Kinder. Diesen Beschluss hat die Landesregierung auf Basis der sogenannten Heidelberger Studie gefasst, die die Wissenschaftler der Universitätskliniken im Land am Dienstag vorgestellt haben. Demnach seien Kinder bis zehn Jahre seltener infiziert als Erwachsene und spielten bei der Verbreitung des Virus eine untergeordnete Rolle. Wie die Kultusminister diese Woche beschlossen haben, sollen auch die weiterführenden Schulen nach den Sommerferien in den Regelbetrieb zurückkehren. All das ist aber nur möglich ohne Abstandsgebote.
Umso wichtiger ist vielen Lehrern die Möglichkeit, sich auf das Virus regelmäßig testen zu lassen. „Die Kollegen wünschen sich von ihrem Arbeitgeber, ihre Ängste ernst zu nehmen“, sagte Gerhard Brand, Landeschef des Verbands Bildung und Erziehung, am Freitag in einer Videokonferenz. Dazu gehörten wöchentliche Testmöglichkeiten. „Ein Test ist keine Impfung, das ist kein Infektionsschutz“, sagt zwar Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Aber: „Wenn es der Beruhigung dient, soll getestet werden.“
Moritz argumentiert ähnlich wie Karlin Stark, Leiterin des Landesgesundheitsamts. Letztere hatte Tests nur bei ersten Covid-19-Symptomen empfohlen – etwa bei Halskratzen, oder wenn der Geruchs- oder Geschmackssinn gestört ist. Alles andere komme bei den aktuell niedrigen Infektionszahlen im Land der Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleich.
Das Sozialministerium hat eine erweiterte Teststrategie erarbeitet – gerade auch mit Blick auf die Schulund Kitaöffnungen. Am Dienstag soll der Ministerrat das erarbeitete Konzept abnicken und Sozialminister Lucha mit der Ausgestaltung im Detail beauftragen.
Über das Testkonzept, das der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, gibt es aber Streit. Eisenmann hat die
Kabinettsvorlage gestoppt, wie sie auf Anfrage bestätigt. „Die nun vorgelegten Pläne als Strategie für das Land zu bezeichnen, ist fragwürdig. Lediglich acht von 44 Landkreisen sowie eine begrenzte Anzahl an Personen sollen in die Testungen einbezogen werden. Auch der Testbeginn ab 1. Oktober ist inakzeptabel, da wir Ende Juni bereits mit dem Regelbetrieb an Kitas und Grundschulen beginnen. Aus diesen Gründen können wir den Plänen des Gesundheitsministeriums nicht zustimmen.“
In der Kabinettsvorlage heißt es lediglich: „Die Testungen sollen unter Koordinierung der Gesundheitsämter in jeweils 2 Stadt- oder Landkreisen jedes Regierungsbezirks stattfinden. Pro Woche soll eine definierte Anzahl Abstrichproben aus
Kitas (Altergsruppe 0-6 Jahre), Grundschulen (Altersgruppe 6-10 Jahre) und weiterführenden Schulen (Altersgruppe 11-15 Jahre) sowie dem Personal gewonnen werden.“Was genau mit einer „definierten Anzahl Abstrichproben“gemeint ist, ergibt sich aus einem erklärenden Schreiben zur Kabinettsvorlage. Darin ist von 500 Tests für acht Landkreise pro Woche die Rede, und zwar vom 1. Oktober bis zum 31. März 2021. Die Kosten dafür werden mit zwölf Millionen Euro angegeben. Die Erweiterung der Teststrategie des Landes, die deutlich mehr Bereiche als Schulen und Kitas umfasst, soll demnach insgesamt 67 Millionen Euro kosten.
Eine Sprecherin von Minister Lucha wollte den Konflikt nicht kommentieren. Die Kabinettsvorlage befinde