Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kalbitz wehrt sich erfolgreich gegen den Rauswurf aus der AfD
Rückschlag für Parteichef Meuthen – Gericht erklärt Parteiausschluss für unzulässig
BERLIN/POTSDAM (dpa) - Im AfDinternen Machtkampf um den Rauswurf des Brandenburger Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz hat Parteichef Jörg Meuthen eine schwere juristische Niederlage hinnehmen müssen. Das Landgericht Berlin erklärte den Ausschluss durch den Bundesvorstand am Freitag für unzulässig. Damit darf der rechtsnationale Politiker seine Rechte als Parteimitglied und als Mitglied im Bundesvorstand bis zur Entscheidung des AfD-Bundesschiedsgerichts wieder ausüben.
Die Entscheidung fiel in einem Eilverfahren, das Kalbitz angestrengt hatte. Die Vorsitzende Richterin Meline Schröer begründete das Urteil damit, dass nach dem Parteiengesetz für die Beendigung einer Mitgliedschaft das Partei-Schiedsgericht zuständig sei. In diesem Fall habe der Bundesvorstand als Exekutive unzulässigerweise die Mitgliedschaft des 47-Jährigen für nichtig erklärt.
Ob der brandenburgische Landeschef früher einmal Mitglied in der rechtsextremistischen Organisation Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) war, spielte für das Gericht nach eigener Auskunft keine Rolle. Zu der Frage, ob Kalbitz auch wieder sein Amt als Landesparteichef ausüben kann, äußerte sich die Justiz nicht. Kalbitz und Meuthen blieben dem dem Verfahren vor einer Zivilkammer fern.
Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte Kalbitz: „Ich freue mich über diese rechtsstaatliche Entscheidung. Es obliegt nun Teilen des Bundesvorstandes zu überlegen, einen selbstzerstörerischen Spaltungskurs weiter zu verfolgen, um sich das Lob eines instrumentalisierten Verfassungsschutzes und des politischen Gegners zu erheischen oder sich endlich wieder auf politische Sacharbeit für unser Land zu konzentrieren.“
Der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland, der gegen den Rauswurf war, sieht sich nun bestätigt. „Als Jurist habe ich dieses Ergebnis befürchtet. Ich kann daher jetzt nur an die knappe Mehrheit im Bundesvorstand appellieren, sich zu überlegen, ob sie den Weg der juristischen Auseinandersetzung weiterführen will.“Gauland warnte vor „Kollateralschäden“in Partei und Bundestagsfraktion. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel nannte den Rechtsstreit „ein unschönes Signal, das nicht hätte sein müssen“. Sie hatte gemeinsam mit Meuthens Co-Parteichef Tino Chrupalla gegen die Aberkennung der Mitgliedschaft
gestimmt. „Der nun öffentlich ausgetragene juristische Streit ist das Ergebnis überhasteten Handelns“, sagte sie dem RND. Chrupalla sagte: „Nach der richtungsweisenden Entscheidung des Gerichts können wir uns nun wieder ganz auf unsere vernunftorientierte Politik mit Augenmaß konzentrieren. Auf der Grundlage der richterlichen Entscheidung sollte jetzt die Ruhe einkehren, die wir für die vor uns liegenden Herausforderungen im Wahljahr dringend benötigen.“
Meuthen hatte den Ausschluss im Mai betrieben. Parteiintern führte dies zu schweren Querelen. Kalbitz war einer der Wortführer des rechtsnationalen „Flügels“um den Thüringer AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke. Die Gruppierung hat sich nach einem Ultimatum des Bundesvorstands inzwischen offiziell aufgelöst. Zuvor hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz den „Flügel“im März als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“eingestuft.
Der Anwalt des AfD-Bundesvorstands, Joachim Steinhöfel, hatte in der mündlichen Verhandlung auf die Satzung der Bundespartei verwiesen. Dort sei festgelegt, dass Mitglieder bei einem Aufnahmeantrag bestehende oder frühere Mitgliedschaften in vom Verfassungsschutz beobachteten extremistischen Organisationen angeben müssten. Dies habe auch in dem Online-Aufnahmeantrag gestanden, den Kalbitz nach eigener Aussage am 8. März 2013 gestellt habe.
Steinhöfel kündigte an, gegen das Urteil Berufung einzulegen.