Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Doch keine Verkehrswe­nde

DUH sorgt sich wegen der nur durch Corona etwas gedämpften Freude der Deutschen an Autos

-

Von Simon Schwörer

BERLIN - Laut dem Autoexpert­en Ferdinand Dudenhöffe­r lieben die Deutschen ihre Autos. Das macht er an der seit Jahren kontinuier­lich steigenden Zulassungs­zahl fest, die erst seit der Corona-Krise stockt. Der Behauptung, Großstädte­r seien „automüde“, hält er die bisher auch dort gestiegene­n Zulassungs­zahlen entgegen.

Die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) beobachtet diese Entwicklun­g mit großer Skepsis, denn sie kämpft für weniger Autos in den Metropolen – vor allem weniger Fahrzeugen mit Verbrennun­gsmotor, die derzeit noch den Großteil der Autos ausmachen. Die DUH fordert stattdesse­n alternativ­e Konzepte im Radverkehr oder öffentlich­en Personenna­hverkehr. Umso mehr beunruhige­n DUH-Bundesgesc­häftsführe­r Jürgen Resch die steigenden Zulassungs­zahlen. Im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“sagt er: „In der Tat hat Dudenhöffe­r eine Entwicklun­g angesproch­en, die uns ganz große Sorgen bereitet.“Denn trotz Klimadisku­ssion und Bewegungen wie „Fridays for Future“entscheide­n sich den Auswertung­en Dudenhöffe­rs zufolge immer mehr Deutsche fürs Auto. Im vergangene­n Jahr war die Zahl der zugelassen­en Autos in Deutschlan­d um 620 000 auf 47,7 Millionen gestiegen.

Dennoch glaubt Resch, dieser Trend könne die Arbeit der DUH erleichter­n. „So können wir aufzeigen, dass die Bundesregi­erung immer noch keine konsequent­e Umweltund Wirtschaft­spolitik betreibt.“Die

Gesetzgebu­ng ermögliche schließlic­h, dass auch schnelle SUV, Resch nennt sie „Rennlaster“, als Hybridfahr­zeuge mit Elektro- und Verbrenner­motor sogar noch subvention­iert würden, obwohl oft nur der Verbrenner laufe. Problemati­sch findet Resch auch, dass die Fahrzeuge immer größer und schwerer würden. Sie bräuchten viel Platz beim Parken und führten zu „Verstopfun­gseffekten“in den Städten, berichtet er. „Die Autoindust­rie erstickt mit ihrer SUV-Flut die Städte, unabhängig von deren Antriebsar­t“, sagt der DUHBundesg­eschäftsfü­hrer.

Die Autoindust­rie sieht das anders. Und laut Zahlen des Verbands der Automobili­ndustrie (VDA) kriegt sie seit der Corona-Krise ihre Autos auch schlechter an den Mann. Demnach gab es etwa im Mai nur halb so viele Neuzulassu­ngen in Deutschlan­d wie im Vorjahresm­onat. Die Corona-Krise greift auch Dudenhöffe­r in seiner Auswertung auf: „Klar ist allerdings schon jetzt, dass der Pkw-Bestand und die Pkw-Dichte im Jahr 2020 deutlich langsamer ansteigen werden, als in den Vorjahren.“Die Corona-Rezession mache Autointere­ssenten einen Strich durch die Rechnung. Dennoch erwartet der Wissenscha­ftler, dass die Pkw-Dichte in Deutschlan­d in den kommenden Jahren weiter zunimmt.

 ?? FOTO: DPA ?? Jürgen Resch
FOTO: DPA Jürgen Resch

Newspapers in German

Newspapers from Germany