Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Elternbesuch in Corona-Zeiten oder: 85 Tage allein auf See
Weil alle Flüge gestrichen waren, segelte Juan Manuel Ballestero von Porto Santo bei Madeira aus zu Vater und Mutter nach Argentinien
MAR DEL PLATA (dpa) - Er wollte seine Eltern noch einmal sehen, doch wegen der Corona-Pandemie waren alle Flüge gestrichen. Da setzte Juan Manuel Ballestero kurzentschlossen Segel und stach in See. Nach einer dreimonatigen Atlantiküberquerung in einem kleinen Segelboot von der portugiesischen Insel nach Argentinien erreichte der 47-Jährige nun den Badeort Mar del Plata, wie örtliche Medien am Donnerstag (Ortszeit) berichteten.
„Als das Coronavirus sich ausbreitete, starben in Europa 1000 Menschen am Tag, und ich hatte Angst, meine Familie nie wieder zu sehen“, sagte Juan Manuel Ballestero der Zeitung „La Nación“. Mit 90 und 82 Jahren gehören seine Eltern zur Risikogruppe. Weil es keine Flüge nach Argentinien mehr gab, beschloss Ballestero, mit seinem 8,80 Meter langen Segelboot „Skua“die Überfahrt zu wagen. Er kaufte für 200 Euro Proviant – und nahm Kurs auf Argentinien.
Juan Manuel Ballestero ist ein erfahrener Skipper und hatte bereits 2011 einmal den Atlantik überquert, dennoch brachte die Fahrt ihn – und vor allem sein Boot – an die Grenzen. Mehrfach geriet er in heftige Stürme; die Außenhaut des Boots bekam Risse. „Das Wasser“, erzählte er, „stand mir bis zum Bauchnabel.“
Nach kurzen Zwischenstopps in Brasilien und Uruguay ist Juan Manuel Ballestero nun im Hafen seiner Heimatstadt Mar del Plata vor Anker gegangen. Allerdings kann er seine Eltern Carlos und Nilda noch immer nicht in die Arme schließen – vorher muss er noch die zweiwöchige Quarantäne absolvieren. Wo? Natürlich auf seinem Boot ...
Ein Wunsch aber konnte nach 8000 Kilometern Fahrt und 85 Tagen auf hoher See nicht länger warten. „Schickt mir ein Schnitzel rüber“, rief Juan Manuel Ballestero seinen Freunden und Bekannten zu, die ihn an der Hafenmole erwartet hatten.