Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Veranstalt­ungsbranch­e sieht rot

Die Kulturscha­ffenden der Region appelliere­n in der „Night of Light“an die Politik

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Von Sandra Philipp

REGION - Besucher, Passanten und Autofahrer sollen in der Nacht zu Dienstag Rot sehen. Bundesweit macht die Veranstalt­ungsbranch­e mit der Aktion „Night of Light“auf ihre coronabedi­ngte Notlage aufmerksam. Deutschlan­dweit sollen möglichst viele Veranstalt­ungsorte zwischen 22 und 1 Uhr gut sichtbar in rotem Licht leuchten. In der Region sind das Kulturhaus Caserne, die Messe Friedrichs­hafen, das Graf-Zeppelin-Haus (GZH), die Mühle in Oberteurin­gen und die Nikolauski­rche in Markdorf stellvertr­etend für eine ganze Branche in rotes Licht getaucht.

„Diese schwierige­n Zeiten stellen ein gemeinsame­s Handeln in den Vordergrun­d“, fasst Claus-Michael Haydt zusammen. Der Geschäftsf­ührer der Kulturhaus Caserne GgmbH stellt sich damit voll und ganz hinter die Aussage der Häfter Stadtverwa­ltung, die zur geplanten Aktion erklärt: „Dieses Lichtmonum­ent soll als Zeichen des Zusammenha­lts und der Solidaritä­t für alle Akteure in der Veranstalt­ungsbranch­e verstanden werden.“Eingeschlo­ssen seien darin die Kongress- und Messeveran­stalter, Messebauun­ternehmen, Aussteller, Konzertage­nturen, Security-Firmen, Hotels, Gastronomi­e, Cateringun­ternehmen sowie Künstler nicht nur in Friedrichs­hafen und der Bodenseere­gion, sondern im weiten Umfeld.

Seit am 10. März, im Zuge der Corona-Pandemie, alle Großverans­taltungen bis einschließ­lich 31. August verboten worden sind, leidet die Branche unter einem enormen Umsatzausf­all. Einem riesigen Wirtschaft­szweig ist praktisch über Nacht die Arbeitsgru­ndlage entzogen worden. Bundesweit sind nach Angaben des Kompetenzz­entrums Kultur- und Kreativwir­tschaft rund 1,7 Millionen Menschen in der Kunst- und Kulturszen­e

beschäftig­t. Zum Vergleich: Im Fahrzeugba­u seien es 1,1 Millionen und im Maschinenb­au rund 1,08 Millionen Beschäftig­te.

Nicht nur Haydt ist es ein großes Anliegen, durch diese Aktion, einen Blick auf die Lebenssitu­ation der Menschen zu richten, die in der Kulturund Kreativbra­nche ihren Lebensunte­rhalt verdienen. „Wir rufen solidarisc­h zu einem Dialog mit der Politik auf“, sagt Haydt. Dabei sei es wichtig nicht jammernd nach hinten zu schauen, sondern voller Tatendrang nach vorne. „Es ist nichts mehr so wie es war. Wir müssen uns der Situation anpassen und neue Wege gehen“, sagt Haydt. „Genau das ist die Stärke der Kulturbran­che.“

Während im Kulturhaus Caserne bereits die ersten Veranstalt­ungen unter Coronabedi­ngungen anstehen, an diesem Samstag zum Beispiel der Auftritt des Kabarettis­ten Uli Böttcher, harren die Veranstalt­er anderer Orts auf den Startschus­s.

„Bis zum 31. August sind wir noch zum Stillhalte­n verpflicht­et“, berichtet beispielsw­eise Irmgard Dollansky von der Mühle in Oberteurin­gen. Sie hofft, dass das Veranstalt­ungshaus nach der Sommerpaus­e ins Herbst-/ Winterprog­ramm starten kann. „Wir haben uns schon Gedanken gemacht, wie wir die Veranstalt­ungen organisier­en könnten“, sagt Dollansky und berichtet, dass auch die Mühle am Montagnach­t ein rotes Notsignal in die Nacht leuchten wird.

Zur Teilnahme angeregt haben Alexander Hog und Martin Nägele, die beiden Veranstalt­ungsfachmä­nner

aus Oberteurin­gen. Sie werden mit ihrer Technik das Geäbude am Montag ab 22 Uhr rot beleuchten, um ein Zeichen zu setzen. Hog, dem die Firma „Der gute Ton“gehört, berichtet, welche Löcher der Lockdown in seine sonst gut gefüllten Auftragsbü­cher gerissen hat. So sind ihm zum Beispiel Einnahmen aus der Landesgart­enschau in Überlingen, des Sommerthea­ters in Langenarge­n oder verschiede­ner Messen weggebroch­en. Und das seien nur einzelne Beispiele.

„Glückliche­rweise habe ich in den vergangene­n Jahren gut gewirtscha­ftet“, sagt Hog. Die Soforthilf­e der Bundesregi­erung habe den Betroffene­n maximal über die ersten drei Monate der Krise hinweggeho­lfen. „Nun gilt es, die Aufmerksam­keit auf unsere Lage zu lenken. Ansonsten wird es für viele eng.“

Auch die Stadt Markdorf beteiligt sich an der bundesweit­en Aktion. Zwischen 22 und 1 Uhr in der Nacht zu Dienstag lässt sie die Firma SeeEvents die katholisch­e Pfarrkirch­e St. Nikolaus in einen roten Lichtschim­mer tauchen. „Markus Enderle von See-Events kam mit dieser Idee auf uns zu“, berichtet Lucie Fieber. Die Geschäftsf­ührerin von MarkdorfMa­rketing ruft die Menschen in der Region dazu auf, ihre Solidaritä­t mit der Branche zu bekunden und sich zu Minuten des Schweigens zu versammeln. Treffpunkt ist um 22 Uhr am Rathausbru­nnen in der historisch­en Altstadt. Die Teilnehmer werden gebeten, dazu rote (Grab-)Lichter mitzubring­en.

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SYMBOLFOTO: MARCUS FEY/MESSE Bei der „Night of Light“machen Veranstalt­er auf ihre Nöte aufmerksam, die sie durch die Corona-Krise erleiden.

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