Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Abstände bei Zeltlagern sorgen für Unmut
Änderungen der Corona-Verordnung könnten am Dienstag Abhilfe schaffen
Von Kara Ballarin
STUTTGART - Die Veranstalter von Zeltlagern sind sauer. Wie, fragen sie, sollen die Kinder konsequent Abstände von 1,5 Metern einhalten? So sieht es zumindest bislang ein Rahmenkonzept vor, das das Sozialministerium mit dem Landesjugendamt (KVJS) und den weiteren Trägern von Kinder- und Jugendarbeit vereinbart haben. In einem offenen Brief machen sich die Verantwortlichen von elf Zeltlagern Luft. Doch am Dienstag könnte sich schon alles wieder ändern.
Seit Monaten laufen die Planungen für Feriencamps im Sommer. Sehnlichst haben die meist ehrenamtlichen Organisatoren zuletzt Richtung Stuttgart geblickt. Ihr Wunsch: endlich Klarheit, ob sie ihre Freizeiten durchführen können. Und wenn ja, eine Antwort darauf, wie das bei allen Einschränkungen durch die Corona-Krise möglich sein soll.
Vor zwei Wochen hat das Land die gemeinsam erarbeiteten Hinweise für Kinder- und Jugendfreizeiten veröffentlicht. Vor wenigen Tagen haben etliche Organisatoren von Zeltlagern darauf reagiert – und zwar sehr deutlich. „Realitätsferne Vorschriften halten uns in der weiteren Planung der Zeltlager und Jugendfreizeiten zurück“, heißt es in dem offenen Brief. Hauptkritikpunkt: die Abstandspflicht von 1,5 Metern. Sie soll am Tag gelten. Da das beim Schlafen im Zelt praktisch ausgeschlossen ist, soll hier auf Mindestabstand verzichtet werden können.
„Dies ist in der Realität schlicht nicht umsetzbar“, heißt es in dem dreiseitigen Brief. „Die Zeltlager leben von den Beziehungen der Teilnehmer untereinander und zu den Betreuenden. Zu erwarten, dass dies mit dem geforderten Mindestabstand von 1,50 Metern möglich ist, ist aus pädagogischer Sicht nicht haltbar.“
Manche der Unterzeichner haben inzwischen kapituliert – laut Internetauftritt etwa das Zeltlager Sigmaringen. Andere Organisatoren sind noch im Entscheidungsprozess. Ein Veranstalter des Zeltlagers Rammetshofen vom BDKJ Ehingen verweist auf Österreich. Dort würden Kinder bei Freizeiten in feste 20erGruppen eingeteilt. In der Gruppe muss niemand Abstand halten, zu anderen Gruppen schon.
Seit 2011 leitet Benjamin Gebauer das Zeltlager Baierz, das die KJG St. Nikolaus aus Friedrichshafen jährlich veranstaltet. Er hat auf Basis der Empfehlungen des Landes ein Hygienekonzept erstellt und ans Gesundheitsamt geschickt. Darin schreibt er auch, dass die Abstandsregeln nicht konsequent eingehalten werden könnten. „Mir ist vollkommen klar, dass die Durchmischung unter den Kindern stattfinden wird“, sagt er. „Wenn wir es unterbinden und mit der Peitsche danebenstehen, macht ein Zeltlager keinen Sinn mehr.“Und so wartet er nun auf die Antwort des Gesundheitsamts, bevor er darüber entscheidet, ob das Zeltlager stattfinden kann. „Ich wollte schon vor zwei Wochen entschieden haben.“
Was viele Organisatoren zudem umtreibt, ist die Kostenfrage. Laut Landesempfehlung liegt die Obergrenze für eine Freizeit bei 100 Teilnehmern inklusive Betreuern. Etliche Lager müssten ihre Kapazitäten einschränken. Für das Zeltlager Baierz spricht Gebauer in der Regel von 140 Kindern und 40 Betreuern.
Vielleicht können die Organisatoren am Dienstag aufatmen. Dann nämlich will das grün-schwarze Kabinett eine neue, aufgeräumte Corona-Verordnung auf den Weg bringen. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“soll die Abstandspflicht damit fallen und einer reinen Empfehlung weichen. Für manche Zeltlager kommt diese mögliche Änderung zu spät.