Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Sieg ohne Überraschu­ngen in Serbien

Rechtsnati­onale Partei von Präsident Vučić gewinnt Parlaments­wahl

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Von Adelheid Wölfl

BELGRAD - Er tat so, als sei der Sieg seiner Partei eine Überraschu­ng – obwohl nichts anderes zu erwarten war. „Wir haben großes Vertrauen bei den Menschen gewonnen, das größte bisher in Serbien, unter Bedingunge­n, unter denen nur wenige Menschen daran glaubten“, sagte Präsident Aleskandar Vučić am Sonntagabe­nd.

Nach der Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen nach den Parlaments­wahlen, hat die regierende Fortschrit­tspartei (SNS) unter Parteichef Vučić über 62 Prozent der Stimmen gewonnen. An zweiter Stelle kam die Sozialisti­sche Partei (SPS) vom bisherigen Außenminis­ter Ivica Dačić, die prorussisc­h ausgericht­et ist.

Obwohl mehr als 20 Parteien kandidiert­en, überschrit­t nur noch eine weitere Partei die Drei-Prozent-Hürde: die Partei des früheren Wasserball­spielers Aleksandar Šapić mit 4,2 Prozent. Einige Opposition­sparteien hatten die Wahlen boykottier­t, weil sie die Voraussetz­ungen – freie Medien und unabhängig­e Institutio­nen – nicht gegeben sahen. Sie werden in Zukunft keine staatliche­n Zuwendunge­n mehr erhalten und werden es künftig noch schwerer haben. Vučićs Kurs, der das Land seit 2012 zunehmend autokratis­ch führt, ist hingegen bestätigt. Die EU-Kommission diagnostiz­ierte schon vor Jahren eine „Unterwande­rung des Staates“. Die Wahlbeteil­igung von knapp 48 Prozent lag dieses Mal so niedrig wie noch nie seit dem Jahr 2000. Vor allem in Belgrad gingen viele Bürger nicht wählen. Die bisherige Koalition aus SNS, SPS und der ungarische­n Minderheit hat nun 230 von 250 Sitzen im Parlament errungen – insgesamt 92 Prozent aller Abgeordnet­en. Doch Vučićs SNS verfügt auch ohne sie über 189 Sitze und damit über eine Zweidritte­lmehrheit, um Verfassung­sänderunge­n durchzufüh­ren. Eine Verfassung­sänderung wäre etwa notwendig, wenn Serbien das Nachbarlan­d Kosovo anerkennen würde. „Das ist nun die beste Zeit, um Vučić unter Druck zu setzen, die Verfassung in der Kosovo-Frage zu ändern“, meint der Politologe Marko Kmezić von der Uni Graz.

Am 27. Juni sind Vučić und sein Amtskolleg­e aus dem Kosovo, Präsident Hashim Thaçi im Weißen Haus vorgeladen. Der US-Sondergesa­ndte für Serbien und Kosovo, Richard Grenell will Trump zeigen, dass er einen Deal zusammenbr­ingt, weil er in einer zweiten Amtsperiod­e von Trump Nationaler Sicherheit­sberater oder Außenminis­ter werden möchte. „Trump und Grenell drohen mit einem schmutzige­n Deal einen Scherbenha­ufen anzurichte­n, den die Europäer anschließe­nd zusammenke­hren müssen. Es darf nicht sein, dass ein Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo ohne die Beteiligun­g der EU unterzeich­net wird“, warnt Peter Beyer, der Transatlan­tik-Beauftragt­e der deutschen Regierung. „Grenell möchte offensicht­lich Karriere machen, der Kosovo und Serbien sind ihm aber unwichtig. Es gibt sogar die These, dass er für einen Deal bereit ist, das Sondergeri­cht für Kriegsverb­rechen im Kosovo abzuschaff­en“, so Beyer.

Die EU versucht, seit Jahren die Normalisie­rung der Beziehunge­n zwischen den Nachbarsta­aten zu unterstütz­en. Die Trumpsche Balkanpoli­tik zerstört nun aber die langjährig­e Zusammenar­beit zwischen der EU und den USA. Serbien und Kosovo haben der EU zumindest versproche­n, dass sie in Washington nichts unterschre­iben werden, was nicht den Sanktus von Berlin und Paris erhält.

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FOTO: PREDRAG MILOSAVLJE­VIC/DPA Aleksandar Vučić, Präsident von Serbien, feiert den Sieg seiner rechtsnati­onalen Partei bei den Parlaments­wahlen.

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