Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Vieles deutet auf einen regionalen Lockdown hin

Jetzt 1553 positive Corona-Befunde bei Tönnies-Mitarbeite­rn – Kostenlose Tests für alle Kreisbewoh­ner kommen

- (SPD) welche zivilrecht­lichen Haftungsmö­glichkeite­n Hubertus Heil Bundeskabi­nett weitgehend­es Verbot von Werkverträ­gen

BERLIN (epd/dpa) - Wegen des Corona-Ausbruchs in einer Fleischfab­rik der Tönnies-Gruppe wird im Kreis Gütersloh ein Herunterfa­hren des öffentlich­en Lebens immer wahrschein­licher. Die Zahl der infizierte­n Beschäftig­ten stieg nach Angaben des Kreises vom Montagaben­d auf 1553. Das sind rund 22 Prozent der insgesamt rund 6650 Arbeiter. NordrheinW­estfalens Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte dem Fernsehsen­der ntv, es werde noch darüber im Krisenstab beraten, man denke aber in die Richtung eines Lockdowns. Auch der Güterslohe­r Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU) antwortete auf die Frage, ob die aktuelle Entwicklun­g nach einem Lockdown rieche: „Ich würde sagen: ja.“

Eingeleite­t sind weitere Schritte zur Eindämmung des Infektions­herdes. Fachleute des Robert-Koch-Instituts und andere Wissenscha­ftler sind in und um Rheda-Wiedenbrüc­k an Ort und Stelle. „Deren Empfehlung­en folgen weitere Maßnahmen“, teilte Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) am Montag über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter mit, ohne Details zu nennen.

Auch SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach forderte einen kurzen, umgehenden Lockdown mit massiven Tests in der Region. „Ich bin sicher, dass deutlich mehr Menschen außerhalb der Mitarbeite­rschaft inzwischen infiziert sind“, sagte er der „Rheinische­n Post“. Das Virus könnte sich so potenziell sehr weit verteilen. Lauterbach warnte vor einem freien

Reiseverke­hr der Menschen aus der Region Gütersloh. Im gesamten Kreis sind Schulen und Kindergärt­en vorsorglic­h geschlosse­n, in der größten deutschen Fleischfab­rik ruht der Betrieb vorerst für 14 Tage.

Bei den Besuchen in den Unterkünft­en der Beschäftig­ten, die unter Quarantäne gestellt sind, hätten die eingesetzt­en mobilen Teams auch einige positive Fälle unter den Mitbewohne­rn oder Familienan­gehörigen ermittelt, erklärte Landrat Adenauer. Die komplette Auswertung stehe noch aus, aber es gebe im Vergleich zum Vortag eine andere Situation. „Das wird dann wahrschein­lich in die Entscheidu­ng der Landesregi­erung, die eng mit mir abgestimmt werden wird, mit einfließen.“Oberstes Ziel bleibe es, dass die Infektione­n nicht auf die Bevölkerun­g übertragen würden, unterstric­h der Landrat. Ab Dienstag soll es in der Stadt Gütersloh Diagnoseze­ntren geben, in denen sich alle Bürger des Kreises kostenlos testen lassen können.

Am Nachmittag hatte Minister Laumann bei einem Besuch in Warendorf erklärt, „weitere Maßnahmen“seien nach jetzigem Erkenntnis­stand notwendig, um die Situation im Kreis Gütersloh im Griff zu behalten und die Infektions­welle auf den Kreis der Tönnies-Mitarbeite­r zu begrenzen. Man befinde sich in einem „dynamische­n Prozess“und müsse die Entwicklun­g weiterhin „sehr, sehr wachsam“verfolgen. Dazu gehöre auch die Umsetzung der Quarantäne-Maßnahmen für die Mitarbeite­r in RhedaWiede­nbrück und deren Familien.

Die Zahl der Neuinfekti­onen im Kreis Gütersloh liegt derzeit deutlich über dem in Nordrhein-Westfalen geltenden Grenzwert von 50 je 100 000 Einwohner. Zuletzt wies die sogenannte Sieben-Tages-Inzidenz gar einen Wert von 263,7 auf. Im benachbart­en Kreis Warendorf lag diese Kennziffer bei immerhin 41,8.

Bundesarbe­itsministe­r

sagte am Montag in der ARD zur Causa Tönnies: „Ich glaube, dass wir prüfen müssen,

es gibt in diesem Bereich.“Es entstünden erhebliche Kosten für Gesundheit­sbehandlun­gen, „aber auch für das, was da in der Region los ist“. Tönnies hatte am Sonntag in Aussicht gestellt, die Kosten flächendec­kender Tests im Kreis Gütersloh zu übernehmen. Als Konsequenz bereits aus früheren Corona-Ausbrüchen in der Schlachtin­dustrie hatte das

Ende Mai Eckpunkte für Neuregelun­gen beschlosse­n. Kernpunkt ist ein

– davon also, dass die komplette Ausführung von Arbeiten bei Subunterne­hmern eingekauft wird. Das Schlachten und Verarbeite­n von Fleisch soll von 2021 an nur noch mit Arbeitnehm­ern des eigenen Betriebes zulässig sein.

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FOTO: DAVID INDERLIED/DPA Mobile Teams suchen die Angestellt­en der Firma Tönnies in deren Quarantäne auf – um sie samt ihrer Haushaltsa­ngehörigen zu testen.

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