Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Von ihm bekam Romy Schneider den ersten Kuss
Claus Biederstaedt ist mit 91 Jahren gestorben – Aus dem Theater kommend war er in mehr als 60 Filmen und 200 TV-Produktionen zu sehen
MÜNCHEN (dpa) - Claus Biederstaedt war das, was man früher einen Sonnyboy und einen Herzensbrecher nannte. Wenn er in Filmen wie „Drei Männer im Schnee“oder „Charleys Tante“auftrat, ging es immer um die Liebe. War er doch dank seines Aussehens eine Art Idealbesetzung für die unverfänglichen Komödien der Nachkriegszeit. Zudem hatte er ein fröhliches Lachen – und eine einnehmende Stimme, die ihm sogar den Weg Richtung Hollywood ebnete: als Synchronsprecher von Weltstars wie Marlon Brando, Yves Montand und Paul Newman. Nun ist Claus Biederstaedt tot. Mit 91 Jahren starb er am vergangenen Donnerstag bei München, wie sein Sohn am späten Sonntagabend bestätigte.
Geboren wurde Claus Biederstaedt am 28. Juni 1928 im pommerschen Stargard. Nach dem Krieg verschlug es ihn nach Hamburg, wo er sein Abitur nachmachte und ein Medizinstudium begann. Bald aber fand er seine Berufung am Hamburger Schauspielhaus, dort spielte er etwa an der Seite von Ruth Leuwerik in „Der Gläserne Storch“von Ernst Penzoldt. Auch in Wiesbaden, München, Berlin, Köln und Frankfurt stand Claus Biederstaedt auf der Bühne.
Seinen Durchbruch erlebte der Schauspieler allerdings beim Film. Sein Leinwanddebüt „Die große Versuchung“von 1951 brachte ihm gleich den Bundesfilmpreis als bester Nachwuchsdarsteller ein. Aufregend auch die Dreharbeiten des Musikfilms „Feuerwerk“. Seine Partnerin: die 16-jährige Romy Schneider. Sie bekam in dem Film ihren ersten Kuss – von Claus Biederstaedt, damals 26. „In einer Szene singe ich ein Lied und küsse sie auf den Mund – so, wie es im Drehbuch steht“, sagte er dem „Stern“. Ein verwirrender Moment für Romy Schneider, die in ihre Garderobe lief und weinte, bis Claus Biederstaedt sie schließlich beruhigte. „Wir waren beide verknallt, haben geflirtet auf Teufel komm raus“, erinnerte er sich. Aber: „Keine Bettgeschichten, höchstens ein Kuss auf die Wange. Na ja, und dann kam Alain Delon.“
In mehr als 60 Spielfilmen war Claus Biederstaedt im Laufe seiner Karriere zu sehen. Doch irgendwann hatte er darauf nicht mehr so große Lust: „Da waren pro Film sieben Sänger beschäftigt, Roy Black, Rex Gildo oder Vivi Bach, und ich hatte gar keinen Text mehr zu sprechen.“Also ging er zum Fernsehen – und wirkte in mehr als 200 TV-Produktionen mit, etwa in den Serien „Derrick“, „Die Schwarzwaldklinik“oder „Der Alte“.
Später besann sich Claus Biederstaedt zurück auf das Theater, auch weil er sich dort freier fühlte. „Da war ich nicht von Sendern und Quoten abhängig.“So stand er noch 2008 – achtzigjährig – auf der Bühne und ging mit der Psychokomödie „Der NeurosenKavalier“auf eine Städtetour.
Später wurde es ruhig um den Schauspieler: Vor einigen Jahren wurde Zungenkrebs bei ihm diagnostiziert, er musste operiert werden. Dass er nicht mehr auf der Bühne stehen könne, empfinde sein Vater als größten Verlust, sagte Sohn Tom 2018 zu dessen 90. Geburtstag. Stattdessen las Claus Biederstaedt viel und hörte klassische Musik – und blickte gerne zurück, wie er vor gut zwei Jahren der „Süddeutschen Zeitung“anvertraute: „Ich bin dankbar, dass ich die goldenen Zeiten miterleben durfte, als es noch große Theater und Kinos gab und die Rahmenbedingungen für uns Schauspieler so gut waren.“