Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Freizeitpark im Corona-Modus
Besuch im Ravensburger Spieleland: Zwischen Zuversicht und Zugangsbeschränkungen
Von Anja Reichert
LIEBENAU - Es ist kurz vor zehn Uhr. In wenigen Minuten öffnet das Ravensburger Spieleland seine Pforten. Leitkegel flankieren den Weg vom Parkplatz zur Kasse. Wo keiner dieser Pylonen steht, übernimmt Absperrband die optische Führung. Es sind Maßnahmen, die ihren Zweck erfüllen, die warnen und darauf hindeuten, dass etwas anders ist, dass Vorsicht geboten ist, dass Regeln gelten. Wie geht es weiter? Wie ist ein Spieleland-Besuch in Corona-Zeiten? Werden Abstands- und Hygieneregeln eingehalten? Wie funktioniert die Öffnung eines Freizeitparks für hunderte Menschen? Ein Besuch.
Anfang April wollte der Freizeitpark in Liebenau in seine 23. Saison starten – nach Investitionen, Installationen neuer Attraktionen und Instandhaltungsmaßnahmen. Doch aufgrund der Corona-Pandemie musste der Start verschoben werden. „Nie stand die Freizeitwirtschaft unter größerem Druck als heute“, schrieb damals der Verband Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen, dem auch das Spieleland angehört. Es geht um sinkende Beschäftigungszahlen, bedrohte Existenzen, Umsatzverluste.
Erst Ende Mai konnte der Park schließlich öffnen – mit Schutz- und Hygienekonzept. Das war vor knapp drei Wochen. „Wir sind mit allen Mitarbeitern in die Saison gestartet und beschäftigen natürlich auch Saisonkräfte. Gerade in der derzeitigen Situation sind wir sehr froh, dass wir auf unsere Mitarbeiter zählen können und wir uns gegenseitig unterstützen“, so Wirth. Doch unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes haben sich für Besucher und für das Personal Bedingungen und auch Abläufe verändert. Nun scheint sich, drei Wochen nach der Öffnung, zumindest beim Personal Routine eingeschlichen zu haben: Das Abfertigen der Besucher funktioniert ohne lange Wartezeiten.
Wenige Schritte weiter ist es im Themenbereich „Grüne Oase“beinahe „wie immer“: Schreiende Kinder, ordnende Mütter und den Parkplan
studierende Väter. Und doch unterscheidet sich auch hier etwas zum „Gewohnten“: Es gibt kein „Meet & Greet“mit Käpt´n Blaubär, kein Kuscheln mit der Maus oder Händeschütteln mit Hein Blöd, denn um geltende Hygiene- und Schutzmaßnahmen einhalten zu können, sind einzelne Attraktionen geschlossen, manche Aktion abgesagt.
Die schwäbische Eisenbahn zählt nicht dazu und fährt pünktlich um 10.15 Uhr ein. Vor dem Bahnsteig hat sich eine kleine Traube gebildet. Wenige Besucher haben bisher die Maske getragen, obwohl das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes „in allen überdachten Bereichen, Wartebereichen jeglicher Art sowie während der Attraktionsnutzung verpflichtend“ist. Doch auch hier ein routinierter Zugführer, der aussteigt, Handschuhe anzieht, die Besucher freundlich ermahnt die Maske aufzuziehen, das Absperrband öffnet und immer wieder daran erinnert, Abstand zu halten.
In der Bahn darf nur jede zweite Reihe besetzt werden, dazwischen flattert wieder das Absperrband, das zu viel Nähe verhindert und während der Fahrt erinnert, dass eigentlich noch nichts ist wie gewohnt. Es wird noch immer im Krisenmodus gelebt, gearbeitet und gespielt. Und im Laufe des Tages gibt es immer wieder Situationen, die an diesen Umstand erinnern: seien es die heruntergeleierten Aufforderungen der Mitarbeiter, die Maske während der gesamten Fahrt zu tragen, oder Clown Miko, der mit Helm und Gesichtsvisier durch den Park radelt und dabei riesige Seifenblasen in die Luft zaubert, die dann platzen. Vor Corona hat es durchschnittlich rund 400 000 Menschen jährlich in die acht Themenwelten von Käpt’n Blaubär, der Maus und den Ravensburger Brettspielen im XXL-Format gezogen. Und jetzt? Es wird nur noch eine begrenzte Zahl an Besuchern in den Park gelassen. Jeder Besuch muss vorher online gebucht werden. „Gerade in den Pfingstferien waren wir oft sehr gut gebucht und konnten viele Familien beobachten, die sich auf den ersten Besuch bei uns sehr gefreut haben“, so Pressesprecherin Wirth. Bei diesem Besuch, nach den Pfingstferien und unter der Woche, ist es ruhig, entspannt. Warteschlangen an den Attraktionen gibt es nicht, auf manchen Wegen ist man völlig allein, Abstand zu wahren, kann gelingen. Aber wie viele Besucher werden denn nun täglich im Park begrüßt? Wie haben sich Besucherzahlen entwickelt? „Das Ravensburger Spieleland umfasst eine Fläche von 30 Hektar mit vielen Grünflächen und weiten Wegen. Dadurch haben alle Besucher und Mitarbeiter ausreichend Platz, um den vorgegebenen Mindestabstand wahren zu können“, teilt Wirth lediglich mit.
In einer Pressekonferenz Ende Mai sprach Geschäftsführerin Siglinde Nowack an, dass die begrenzte Zahl etwa ein Drittel der möglichen Besucherzahl betrage. Konkrete Zahlen werden nicht benannt. Auch Prognosen hat der Park für die Saison bislang keine abgegeben. Einzig: „Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem Spieleland in die Saison starten konnten und dass unsere Gäste den Park unter den gegebenen Umständen gerne besuchen. Wir sind sehr zufrieden und hoffen, dass die Saison so weiterläuft.“