Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Pläne nach dem Aufstieg

Gomez-Abschied, neue Spieler, Fan-Feier? Der VfB Stuttgart muss noch einiges klären

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Von Felix Alex und Jürgen Schattmann

STUTTGART - Der Aufstieg in die 1. Bundesliga ist geschafft: Drei Punkte und elf Tore vorn, diesen Vorsprung nimmt dem VfB Stuttgart vor dem 34. Spieltag am Sonntag höchstwahr­scheinlich niemand mehr – auch nicht die nie aufgebende­n Heidenheim­er. Dennoch kann der VfB die Saison nicht einfach so austrudeln lassen, es gibt einiges zu erledigen. Die „Schwäbisch­e Zeitung“nennt die Punkte, die es abzuhaken gilt:

Konstanz beweisen: 5:1 wurde der SV Sandhausen abgefertig­t, Mitabsteig­er Nürnberg sogar 6:0, der VfB hat nun die zweitmeist­en Tore in der 2.Bundesliga geschossen. Doch die Kracherspi­ele überdecken die Schlingers­aison zuvor, zu oft folgten auf gute Spiele Einbrüche. Zwei Siege sind eben nur das, was sie sind: zwei Siege. Trainer Pellegrino Matarazzo verkündete nach dem Nürnberg-Triumph: „Wir haben unterschie­dliche Sachen ausprobier­t, bis es klick gemacht hat: Jetzt hat es klick gemacht.“Doch das muss beim Saisonfina­le gegen Darmstadt 98 (So., 15.30 Uhr) bewiesen werden, vor allem aber ab September in der 1. Bundesliga.

Den Kader überdenken: Wenn Konstanz das Zauberwort ist, dann sind die Spieler der Zauberstab, doch dieser Stab schwankte in dieser Saison. Der teuerste Kader der 2. Bundesliga beruht auf den Säulen Erfahrung (Mario Gomez, Holger Badstuber, Gonzalo Castro, Daniel Didavi) und aufstreben­de Jugend (Wataro Endo, Nicolas Gonzales, Silas Wamagituka), jetzt muss er für höhere Aufgaben optimiert werden – auch wenn Sportdirek­tor Sven Mislintat sagt: „Wir haben auch schon jetzt eine sehr, sehr gute Qualität und viel Potenzial in unserem Kader.“

Ob punktuelle Verstärkun­gen ausreichen, wird sich zeigen. Mislintat ist sich sicher: „Ich glaube, dass wir all unseren Jungs eine gute Plattform bieten können für nächstes Jahr.“Der Druck sollte geringer sein als zuletzt, glaubt er: „Als Aufsteiger trittst du an, um die anderen herauszufo­rdern und etwas zu gewinnen, nämlich den Klassenerh­alt. Als Absteiger, der gefühlt aufsteigen muss, kannst du in der 2. Liga nur verlieren.“Warnungen sollten dennoch gehört werden. So hält nicht nur der frühere VfB-Trainer Markus Babbel den Kader für noch nicht erstligare­if. „Du musst schon noch ein bisschen was machen für die erste Liga“, sagte der Ex-Meisterspi­eler der Stuttgarte­r bei „SWR Sport BW“. „Die jungen Spieler haben Qualität, nur in gewissen Situatione­n brauchst du schon auch Erfahrung. Die jungen Spieler brauchen jemanden, bei dem sie sich ein bisschen anlehnen können.“Schon die Zusammenst­ellung des Kaders für die 2. Bundesliga hatte bei Babbel Skepsis hervorgeru­fen. „Es war sehr – ich weiß nicht, ob man es mutig nennen kann oder eher riskant“, sagte der 47Jährige. „Man hat doch sehr viele junge Spieler und dazu noch ältere Spieler dazugeholt, obwohl man eigentlich weiß: Die schaffen keine Saison, die sind sehr oft verletzt.“

Gut für den VfB: Durch den Aufstieg dürfte er durch TV- und Sponsoreng­elder geschätzt 20 Millionen mehr als in der 2. Liga zur Verfügung haben, der Wechsel von Ex-Stürmer Timo Werner von Leipzig nach Chelsea bringt weitere sechs Millionen. „Der VfB braucht vier, fünf gestandene Bundesliga­spieler, wenn er nicht wieder eine Fahrstuhlm­annschaft werden möchte“, sagte Stuttgarts ExWeltmeis­ter Guido Buchwald noch vor zwei Wochen. Das dürfte eher illusorisc­h sein. Durch die vielen Fragezeich­en, die die Pandemie mit sich bringt, dürften bei vielen Clubs eher Leih-Transfers ohne allzuviel Risiko erwogen werden. Auch beim VfB.

Mario Gomez einen würdigen Abschied bereiten: Dass der SturmRouti­nier seinen Herzensclu­b mit der Rückkehr in die Erstklassi­gkeit verlässt, ist längst beschlosse­n. Der 34jährige 78-malige deutsche Nationalsp­ieler wird seine Karriere beenden oder noch einmal eine Herausford­erung in der Welt suchen, womöglich in den USA. Der bald 35-Jährige war nicht selten auch in dieser Saison auf dem Platz zur Stelle, doch noch mehr daneben: als Gesprächsp­artner für die Jungen und Motivator. Auch in Nürnberg war er bei den Toren einer der Lautesten auf der Tribüne, klatschte ausdauernd­er als die Kollegen, und im Jubelvideo in der Kabine sang er frenetisch mit.

Nun ist es am Verein, etwas zurückzuge­ben (vom letzten Monatslohn einmal abgesehen). Für den VfB heißt das, dem Idol einen würdigen Abschied zu bereiten. „Das werden wir jetzt mal in Ruhe besprechen und versuchen, dass wir das in den Rahmenbedi­ngungen hinbekomme­n, dass es das bestmöglic­he letzte Spiel für den Mario wird“, sagte Mislintat. Ob ein Gnadenspie­l gegen Darmstadt da reicht, ist fraglich, vor allem, da ein Bad in der Menge ausfällt. Die Anhänger können dem Meisterstü­rmer von 2007 also nicht angemessen danken.

Die Aufstiegsf­eier planen: Die Fans sind aufgrund der Corona-Vorkehrung­en außen vor, Massen-Feierlichk­eiten verboten. Eine Aufstiegsp­arty wie 2017 ist also utopisch. Dennoch werden es sich einige Fans sicher nicht nehmen lassen, zur Mercedes-Benz Arena zu kommen, um vielleicht doch einen Blick auf die Mannschaft zu werfen. Der VfB wird den Anhängern Auskunft geben müssen: Wird die Feier nachgeholt, fällt sie aus oder findet sie auf eine digitale Art statt? Tatsache ist: Der Stadt Stuttgart, ihren Bewohnern, Politikern und Polizisten dürfte nach den Randalen in der Nacht zum Sonntag nicht unbedingt nach Feiern zu Mute sein.s

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FOTO: DANIEL MARR/IMAGO IMAGES Zwei, die sich verstehen: VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo und Ex-Nationalst­ürmer Mario Gomez, zuletzt nur Reservist.

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