Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mehrwertsteuersenkung heizt Preiskampf im Handel an
Nach Lidl senken auch Aldi und Rossmann ihre Preise - Doch das ist vielleicht nur der Anfang
DÜSSELDORF (dpa) - Die Mehrwertsteuersenkung ist schon da, zumindest bei Lidl. Seit Anfang der Woche hat der Discounter die Preise reduziert – mehr als eine Woche vor dem eigentlichen Stichtag am 1. Juli. Konkret: Dosentomaten kosten jetzt 38 statt 39 Cent, Fischstäbchen 3,42 statt 3,49 Euro. Doch das letzte Wort im Preiskampf im deutschen Lebensmittelhandel hatte Lidl damit noch nicht gesprochen.
Denn der Erzrivale Aldi kündigte inzwischen an, noch eine Schippe draufzulegen. Der Discount-Erfinder senkt die Lebensmittelpreise von diesem Samstag an nicht wie vom Gesetzgeber vorgegeben nur um zwei, sondern sogar um drei Prozent.
Dies koste Aldi einen dreistelligen Millionenbetrag, betonte das Unternehmen. Doch will der Konzern offenbar sein Preisimage stärken.
Und die Drogeriemarktkette Rossmann kündigte wenig später an, diesem Beispiel zu folgen. „Die Mehrwertsteuersenkung soll für unsere Kunden klar und unkompliziert sein, daher gehen wir auf drei Prozent Rabatt und unterscheiden nicht zwischen dem Normal- und ermäßigten Steuersatz“, sagt Raoul Roßmann, Geschäftsführer Einkauf und Marketing.
Auch die anderen großen Lebensmittelhändler stehen auf dem Sprung, die Mehrwertsteuersenkung umzusetzen. Alle haben angekündigt, sie komplett an die Kunden weiterzugeben. Und jeder versucht, dabei eine gute Figur zu machen. Edeka etwa will ab Montag die Preise senken. Konkurrent Rewe hat zwar ebenfalls angekündigt, die Mehrwertsteuersenkung komplett weiterzugeben, hält sich mit Details aber noch zurück.
Abseits des Lebensmittelhandels wollen auch Deutschlands größter Schuhhändler Deichmann und die Elektronikketten Media Markt und Saturn die Steuersenkung eins zu eins an die Kunden weitergeben.
Für den Handelsexperten Stephan Rüschen von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn kommt es nicht überraschend, dass sich der Preiskampf im deutschen Handel ausgerechnet jetzt zuspitzt. Er warnte schon frühzeitig: „Die Mehrwertsteuersenkung erhöht die Gefahr eines Preiskrieges im Einzelhandel.“Denn sie biete den Händlern eine fast einzigartige Möglichkeit, sich zu profilieren.
Dass der Preis plötzlich wieder ein heißes Thema im Lebensmittelhandel ist, hat aber nicht nur mit der Mehrwertsteuersenkung zu tun. „Die Händler rücken den Preis wieder stärker in den Vordergrund, weil sie damit rechnen, dass die Verbraucher aufgrund der wirtschaftlichen Verwerfungen beim Einkauf schon bald wieder stärker auf den Cent achten“, erklärt Robert Kecskes von der Gesellschaft
für Konsumforschung (GfK) aus Nürnberg.
Eigentlich ist es kein Muss, die Mehrwertsteuersenkungen an die Kunden weiterzugeben. Doch der harte Wettbewerb besonders im Lebensmittelhandel lässt den großen Ketten kaum eine andere Wahl. Das ist allerdings nicht überall so. Bei einer Umfrage der Handelsberatung BBE, an der vorwiegend kleinere und mittlere Unternehmen abseits des Lebensmittelhandels teilnahmen, gab immerhin jeweils rund ein Fünftel der Händler an, die Steuersenkung nicht oder nur teilweise an die Kunden weitergeben zu wollen. Ein weiteres Fünftel war noch unsicher über das weitere Vorgehen.