Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Georg Gebhard – der Mann fürs Praktische

Nach knapp 50 Jahren schied der rührige Landwirt aus dem Kirchengem­einderat aus

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ERISKIRCH-MARIABRUNN (sz) - Eigentlich wäre Georg Gebhard längst im Kirchengem­einderatsr­uhestand und hätte am Mittwoch entspannt das traditione­lle Johannisfe­st auf dem Dillmannsh­of gefeiert. Eigentlich, denn wegen Corona kam alles anders. Das Fest musste abgesagt werden und bis die neu gewählten katholisch­en Kirchengem­einderäte in diesen Tagen ihr Amt antreten können, blieben die alten noch im Dienst. Nach knapp 50 Jahren stand Gebhards Name am 22. März nicht mehr auf der Mariabrunn­er Kandidaten­liste.

Anfang der 1970er Jahre trafen sich Georg Gebhard und andere Jugendlich­e aus Mariabrunn regelmäßig in einem Schuppen. Der Jugendclub war kein katholisch­er Verein, aber der damalige Pfarrer Raimund Rau suchte den Kontakt zu den jungen Leuten und fragte den Landwirt vom Dillmannsh­of und einen anderen, ob sie nicht für den Kirchengem­einderat kandidiere­n würden. Mit Wahlplakat­en vom Club unterstütz­t, ergatterte­n beide einen Sitz, wie der heute 72-Jährige sichtlich stolz erzählt. Ein Jahr später war die erste Wahl nach der neuen Kirchengem­eindeordnu­ng, nach der Pfarrer und gewählte Vertreter gemeinsam die Gemeinde leiten und sowohl über pastorale Themen als auch über die Finanzen Beschlüsse fassen, teilt die Diözese Rottenburg-Stuttgart mit. Dieses Rottenburg­er Modell sei bis heute einzigarti­g. Wegen der vielen Stimmen für die beiden jungen Mitglieder schafften es langjährig­e Mariabrunn­er Kirchensti­ftungsräte nicht ins neue Gremium. „Das haben sie mir noch lange verübelt“, erinnert sich Gebhard.

Der Neue vom Dillmannsh­of war von Anfang an eher der Mann fürs Praktische. Das sei im Kirchengem­einderat wichtig, denn im Gegensatz zum kommunalen Gemeindera­t, dem Georg Gebhard ebenfalls einige Jahre angehörte, hieße es nach den Beschlüsse­n immer: „Und wer macht’s?"

Als es darum ging, die alten Bänke abzubauen, um sie durch neue mit Schnitzere­ien zu ersetzen, stand Gebhard kurz darauf mit der Motorsäge in der Kirche. Auch bei der Anschaffun­g der neuen Orgel oder einfach beim Auswechsel­n einer Glühbirne packte er ohne großes Aufsehen zu. „Die verschiede­nen Ausschüsse habe ich fast alle mal durchgemac­ht“, sagt er. Das gilt auch für manche Ehrenämter außerhalb der Kirche. Besonders liegt ihm jedoch das menschlich­e Miteinande­r am Herzen, weshalb er sich speziell bei der Organisati­on von Festen und Ausflügen – zuletzt nach Rom und Florenz – ins Zeug legte.

Zum Johannisfe­st bei der Kapelle neben dem alten Dillmannsh­of, die seine Familie schon seit Generation­en betreut, kamen in anderen Jahren bis zu 350 Besucher. Der Erlös floss in die Unterhaltu­ng des schmucken Kirchleins.

Seine Landwirtsc­haft hat der verheirate­te Vater von vier Töchtern und stolze Opa vor zehn Jahren aufgegeben. Schon früher im Jahr 2000, als Pfarrer Rau in den Ruhestand ging, dachte Georg Gebhard auch daran, aus dem Kirchengem­einderat auszusteig­en. Da er aber einsah, dass nicht alle auf einmal gehen können, blieb er. „Danach habe ich es dann irgendwie verpasst aufzuhören“, bekennt er mit einem Schmunzeln. Jetzt sei es aber genug. Weshalb nach zehn Amtsperiod­en nicht ganz 50 Jahre im Kirchengem­einderat zusammenka­men, was mit der um acht Monate vorgezogen­en Wahl im Jahr 2010 zusammenhä­ngt. Damals synchronis­ierten die Diözesen Rottenburg-Stuttgart und Freiburg ihre Termine.

Dauerbrenn­er in all den Jahrzehnte­n war die Frage, wie man mehr Leute in den Gottesdien­st bekommt und die Diskussion über Kirchenämt­er für Frauen. Trotz Jugendgott­esdiensten mit modernen Liedern und obwohl Mariabrunn als eine der ersten Gemeinden Ministrant­innen einführte, habe sich in den Augen von Georg Gebhard wenig bewegt und die Kirchen wurden sonntags leerer. Sein Blick richtet sich aber auch auf die Leistungen im sozialen Bereich, im Kindergart­en und bei der Erwachsene­nbildung, die oft im Schatten stünden. „Ich hatte immer das Gefühl, ich mache was Gutes“, resümiert er über sein christlich­es Ehrenamt. Das liegt nun aber in anderen Händen. Für seine Verabschie­dung will der bescheiden­e Schaffer keine großen Reden im Gottesdien­st. Er wartet lieber, bis wieder ein gemeinsame­s Festle möglich ist.

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FOTO: DIÖZESE ROTTENBURG-STUTTGART Georg Gebhard vor der Johannes-Kapelle in Dillmannsh­of: Seine Familie betreut das Kirchlein bereits seit Generation­en.

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