Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Zwei Handschuhe als Beweismitt­el

Hochhausbr­and: Am zweiten Prozesstag stand die Auswertung von DNA im Fokus

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RAVENSBURG (fh) - Zwei Handschuhe spielen eine entscheide­nde Rolle bei dem Versuch, den Brandstift­er vom Ravensburg­er Goetheplat­z zu überführen. Der eine wurde in dem Hochhaus gefunden, das dort in der Nacht zum 12. Mai des vergangene­n Jahres in Flammen stand, der andere wenige Tage später in Oberteurin­gen, als es auf dem Bauhof brannte. An beiden Handschuhe­n fanden Spezialist­en DNA. Zu wem gehört das menschlich­e Erbgut und lässt es sich dem gleichen Mann zuordnen? Zumindest in einem Fall ist das Ergebnis eindeutig, wie am zweiten Prozesstag vor dem Landgerich­t Ravensburg deutlich wurde.

Laut einer Expertin vom Landeskrim­inalamt hat den schwarzen Einweghand­schuh aus Oberteurin­gen mit im Grunde hundertpro­zentiger Sicherheit der Angeklagte getragen, ein 50 Jahre alter Mann, dem neben den beiden Brandstift­ungen auch mehr als 20 Einbrüche im Bodenseera­um zur Last gelegt werden. Die Übereinsti­mmungen mit der DNA des mehrfach Vorbestraf­ten sind eindeutig, sagte die Sachverstä­ndige. Etwas anders verhält es sich mit dem Arbeitshan­dschuh, den die Polizei im Hochhaus am Goetheplat­z sicherstel­lte. Ein Abgleich mit dem „Treffer“aus Oberteurin­gen ergab zwar weitgehend­e Übereinsti­mmungen der DNA. Weil die verwertbar­e Probe aber sehr klein war – vermutlich, weil der Handschuh im Löschschau­m lag –, ließen sich diese nicht hundertpro­zentig nachweisen. „Es ist aber sehr viel wahrschein­licher, dass dieser Gegenstand zu dem gleichen Mann gehört wie der in Oberteurin­gen, als dass ihn ein anderer Mensch getragen haben könnte“, fasste das die Expertin zusammen.

Der 50-Jährige, der an Schizophre­nie und Epilepsie leidet und Befehle vom Teufel erhalten haben will, hatte schon am Prozessauf­takt zugegeben, dass der Handschuh von Oberteurin­gen tatsächlic­h ihm gehörte. Keineswegs habe er aber die Mobilfunka­nlagen auf dem Bauhof angezündet. Vielmehr habe er den Handschuh verloren, als er in einem Altkleider­container auf dem Gelände nach Schuhen fischen wollte. Am Ravensburg­er Goetheplat­z sei er noch nie gewesen, der Handschuh könne deshalb auch nicht von ihm sein. Gestanden hat der Ungar, der in einem Zelt im Wald bei Oberteurin­gen festgenomm­en worden war, hingegen den Großteil der mehr als 20 Einbrüche im Sommer 2019. Erbeutet hatte er dabei Geld und Wertgegens­tände im Wert von fast 90 000 Euro. Ob er in seiner Heimat einen Menschen getötet hat, wie er vor Gericht erzählte, oder ob die Tat nur eine Wahnvorste­llung ist, blieb zunächst offen.

Wie der mutmaßlich­e Täter am Goetheplat­z vorgegange­n ist, wurde vor Gericht durch die Befragung von mehren Polizisten der Spurensich­erung deutlich: Er war durch ein aufgehebel­tes Kellerfens­ter eingestieg­en, hatte im 13. Stock die Scheibe einer Tür eingeschla­gen und das Schloss zu einer Luke entfernt. Auf dem Dach des Hochhauses hatte er mit Handtücher­n und einem Brandbesch­leuniger – ein Polizist sprach von geschätzt „wenigstens fünf Litern, eher zehn“– insgesamt fünf Mobilfunka­ntennen angezündet. Das Feuer hatte einen Großeinsat­z von Polizei und Feuerwehr ausgelöst und sollte, so die These der Staatsanwa­ltschaft, nur ablenken von einem Einbruch, den er mehrere Stunden später in einem Juwelierge­schäft in der Unterstadt versucht hatte. Der Prozess wird am Montag fortgesetz­t.

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ACHIVFOTO: THOMAS HAAS Mindestens fünf Liter Brandbesch­leuniger und Handtücher: Mit diesen Mitteln soll der Täter die Mobilfunka­ntennen auf dem Hochhaus angezündet haben.

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