Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Google bezahlt erstmals für journalist­ische Inhalte

Lob und Kritik für Vereinbaru­ng mit Verlagen

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Von Christoph Dernbach

BERLIN (dpa) - Wenn Inhalte von Verlagen bei Google News oder in der Google Suche auftauchen, bezahlt der Internetko­nzern bislang mit dem Traffic, der auf die Verlagssei­ten geleitet wird. Künftig wird Google für umfangreic­here Inhalte erstmals in seiner Geschichte mit Zeitungsve­rlagen Lizenzvert­räge abschließe­n und Geld für die Präsentati­on von journalist­ischen Inhalten ausgeben. Die Inhalte sollen auf Google News und Google Discover erscheinen. Wie die Präsentati­on der Inhalte für die Nutzer genau aussehen wird, teilte Google noch nicht mit.

Das Programm startet in Deutschlan­d, Australien und Brasilien. Hierzuland­e sind in der frühen Phase unter anderen die „Frankfurte­r Allgemeine Zeitung“und „Der Spiegel“als Partner dabei. Bislang hatte sich Google hartnäckig geweigert, Inhalte bei Zeitungsve­rlagen und anderen Medien einzukaufe­n. Wie viel Geld die Verlage für die Darstellun­g der Inhalte auf Google News und Google Discover bekommen werden, teilte Google nicht mit. Das Programm sei aber „breit und langfristi­g angelegt“und soll auf noch mehr Verlage sowie Radiostati­onen und TV-Sender ausgeweite­t werden.

Carsten Knop, einer der Herausgebe­r der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“, erklärte, man freue sich, dass Google die Gelegenhei­t nutze, gemeinsam an einem neuen Produkt zu arbeiten. „Dieses wird den Lesern der ,FAZ’ auf den Google-NewsPlattf­ormen einen echten Mehrwert bieten.“

Google-Manager Brad Bender betonte die Bedeutung der klassische­n Medien: „Eine vitale Verlags- und Nachrichte­nbranche war vermutlich nie wichtiger als heute, in einer Zeit, in der Menschen nach Informatio­nen suchen, auf die sie sich inmitten einer globalen Pandemie oder angesichts der jüngsten Proteste gegen Diskrimini­erung verlassen können.“Dies passiere jedoch zu einer Zeit, in der das Geschäft der Branche erheblich unter Druck gerate. Vor diesem Hintergrun­d werde Google Lizenzen über qualitativ hochwertig­e Inhalte für ein neues Nachrichte­nformat erwerben.

Bender ließ den jahrelange­n Streit zwischen der Verlagsbra­nche und Google unerwähnt. So hatte Google in Deutschlan­d finanziell­e Forderunge­n von Presseverl­agen, die durch die Verwertung­sgesellsch­aft VG Media erhoben wurden, für die Darstellun­g von kleineren „Snippets“– das sind kleine Auszüge von Texten – mehrfach zurückgewi­esen.

Das Konzept stößt beim Medienkonz­ern Axel Springer auf Skepsis: Generell begrüße und unterstütz­e Axel Springer Initiative­n, die Verlagen dabei helfen, digitalen Journalism­us als Geschäftsm­odell zu stärken. „Deshalb arbeiten wir auch seit Jahren an verschiede­nen Stellen mit Google und anderen Technologi­eunternehm­en zusammen.“Allerdings könne es einen vielfältig­en und unabhängig­en digitalen Journalism­us nur geben, wenn die Verlagshäu­ser eine eigenständ­ige Rechtsposi­tion erhielten. Einzelne Initiative­n seien keine Lösung für das generelle Problem, erklärte ein Sprecher von Springer.

Auch beim Bundesverb­and Digitalpub­lisher und Zeitungsve­rleger (BDZV) stieß die Ankündigun­g von Google auf Vorbehalte. „Journalism­us in verantwort­licher Absendersc­haft braucht klare Rechte und keine Feigenblat­taktionen“, erklärte der Verband. Google nutze nach wie vor Inhalte von Verlagen und Journalist­en, ohne zu zahlen, und setze – wie zuletzt in Frankreich – seine Marktmacht ein, wenn Schutzrech­te das verhindern sollten. „Gegen dieses Verhalten sind robuste Rechte auch in Deutschlan­d nötig.“

Die Verwertung­sgesellsch­aft VG Media erklärte hingegen: „Dass Google nach jahrelange­r Weigerung, für Presseinha­lte zu zahlen, nun für die verschiede­nen Verwertung­en der Presseleis­tungsschut­zrechte in ihrer Suchmaschi­ne zahlt, ist ein Erfolg, über den wir uns uneingesch­ränkt freuen.“

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