Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die AfD hat eine einfache Erklärung für die Krawalle
Der Bundestag sucht nach Lehren aus Gewaltausbruch – CDU will Gewalt gegen Polizei härter bestrafen
BERLIN - Was sich in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni in Stuttgarts Innenstadt abgespielt hat, ist für die AfD klar: Es war kein Event der Partyszene, „sondern ein Exzess von Migranten und Linksextremisten“, sagt der AfD-Innenpolitiker Martin Hess am Freitag im Bundestag. Und das wiederum sei „logische Folge des Totalversagens aller Altparteien in der Migrations-, Integrations- und Sicherheitspolitik“.
Hess’ Fraktionschefin Alice Weidel stößt bei der von ihrer Partei beantragten Debatte um die Stuttgarter Krawallnacht ins selbe Horn: Die „bürgerkriegsähnlichen Szenen“in der Schwabenmetropole zeigten ein grundsätzliches Problem jeder deutschen Großstadt mit jungen Männern aus dem „islamischen orientalischen Kulturkreis“und staatlich verhätschelten Linksextremisten.
Für die anderen Parteien sind die Antworten nicht so einfach: „Wir müssen genau analysieren, was da passiert ist“, sagt Thorsten Frei von der CDU. Eine Frage sei auch, ob das
Strafrecht noch „richtig justiert“sei oder die Verletzung von Polizeibeamten härter bestraft werden müsse.
Teile der vornehmlich aus Südwest-Rednern bestehenden Berliner Politik gehen an diesem Freitag auch hart mit dem grünen Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn ins Gericht: Frei fragt, warum die Kommune No-Go-Areas im Schlossgarten toleriert habe, statt mit Kameras und niedrigschwelligen Sicherheitskonzepten gegenzusteuern.
FDP-Mann Benjamin Strasser, eigenen Worten zufolge „als junger Mann auch mal Teil der Stuttgarter Partyszene“(die aber an der Theodor-Heuss-Straße sowie am Hansim-Glück-Brunnen und nicht am Eckensee beheimatet sei), vermisst von Kuhn klare Worte. Auch Innenminister Thomas Strobl (CDU) habe trotz Kenntnis der explosiven Lage im Schlossgarten lange „die Hände in den Schoß gelegt“.
Cem Özdemir von den Grünen verbittet sich kenntnisarme Ferndiagnosen. Besonders die des Geschäftsführers sächsischer Gedenkstätten, der von „Bundeskristallnacht“gesprochen habe. Nun solle man dafür sorgen, dass sich so was nicht wiederholt, sagt Özdemir. Und das könne man vor Ort: „Wir werden unsere Probleme so regeln, wie wir das in Stuttgart seit Langem im überparteilichen guten Geiste machen: Wir setzen uns zusammen, wir stellen uns auch selbstkritische Fragen.“Ähnlich argumentiert Ute Vogt von der SPD. Sie fragt sich auch, wie man den jungen Menschen ein positiveres Bild der Polizei vermitteln könne.
Was alle anderen Parteien nicht wollen: AfD-Narrative übernehmen. Es sei „falsch und fahrlässig“von Weidel, Vermutungen in den Raum zu stellen, so Frei. Und Özdemir sei vom „idenitären Geschwätz“der AfD nur noch angewidert.