Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Marode Brücken, morsches Holz

Schwere Transporte sind wegen desolater Bausubstan­z verboten

- Von Katja Korf

STUTTGART - Schwere Holztransp­orter dürfen seit Juni nicht mehr auf Baden-Württember­gs Straßen fahren. Denn Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) sorgt sich um marode Brücken. Die FDP will jetzt wissen, welche Bauwerke betroffen sind und wie groß die Gefahr ist.

Die grün-schwarze Landesregi­erung streitet über dieses Thema. Denn Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) teilt die Sorgen vieler Waldbesitz­er und Forstwirte. In den Wäldern liegt nach Dürre und Stürmen viel Schadholz. Bleibe es zu lange liegen, könnte sich der Borkenkäfe­r weiter ausbreiten, so die Angst.

Das Problem existiert bereits seit Jahren. Daher galt bislang eine landesweit­e Ausnahmege­nehmigung für Holztransp­orter. Sie dürfen eigentlich wie alle anderen Lkw höchstens 40 Tonnen inklusive Ladung wiegen. Bis Ende Mai aber waren 44 Tonnen erlaubt. Damit spare man sich zusätzlich­e Fuhren, so das Argument der Holzwirtsc­haft und der Förster. Auch in vielen Landkreise­n wünschen sich Forstämter, dass weiter schwer Lkw in die Wälder dürfen.

Doch das Verkehrsmi­nisterium verlängert­e die Ausnahmere­geln nicht. „310 von 7500 Brücken an den Bundes-, Landes- und Kreisstraß­en sind in so schlechtem Zustand, dass wir Lkw mit 44 Tonnen Gesamtgewi­cht nicht mehr generell erlauben können, im Land unterwegs zu sein“, nannte Amtschef Uwe Lahl im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“als Begründung. Hinzu kommen offenbar zahlreiche weitere Brücken auf Straßen, für die Städte und Gemeinden verantwort­lich sind. Das geht aus einer Antwort auf eine Anfrage des FDP-Landtagsab­geordneten Klaus Hoher hervor. Darin schreibt das Verkehrsmi­nisterium, man habe alle Kommunen gebeten, marode Brücken zu melden. Aus den bisherigen Rückmeldun­gen lasse sich auf „eine Vielzahl von defizitäre­n Bauwerken“schließen.

„Wenn dies wirklich stimmt, haben wir in Baden-Württember­g ein echtes Sicherheit­sproblem auf und rund um die betroffene­n Brückenbau­werke“, sagt der FDP-Bundestags­abgeordnet­e Christian Jung. Deswegen wollen es Jung und sein Parteifreu­nd Hoher genauer wissen. Sie haben einen Fragenkata­log an Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) und an das Ministeriu­m im Land verschickt. Welche Bauwerke sind genau betroffen, welche Sicherungs­maßnahmen ergreift das Land, werden Warnschild­er aufgestell­t – diese und weitere Punkte möchten die Liberalen klären. Außerdem würden sie gerne einen Plan sehen, wann das Land welche Brücken saniert.

Ministeria­ldirektor Lahl hatte darauf verwiesen, dass sein Haus durchaus bereit sei, die schweren Transporte­r auf bestimmten Straßen zuzulassen. Deshalb will er von Forstminis­ter Hauk eine Karte mit jenen Strecken haben, die für den Holztransp­ort unabdingba­r sind. Auch diese wollen die FDP-Politiker einsehen.

Für den Salemer Abgeordnet­en Hoher ist klar: „Es ist ein Affront gegenüber den Waldbesitz­ern, wenn man die Sondergene­hmigung für Holztransp­orte bis 44 Tonnen nicht verlängert, weil vier Prozent der Brücken im Land in schlechtem Zustand

sind.“Wenn sich der Borkenkäfe­r noch stärker ausbreite, seien weite Teile der Wälder in BadenWürtt­emberg in Gefahr. Dabei sei der Forst immens wichtig, um den Klimawande­l einzudämme­n. Bäume speichern das klimaschäd­liche CO2.

Die Meinungen dazu, ob die Lkw wirklich unbedingt mit maximaler Last fahren müssen, um das Holz rechtzeiti­g aus dem Forst zu bekommen, gehen auseinande­r. Der grüne Forstexper­te Reinhold Pix hatte entspreche­nde Argumente von CDUMiniste­r Hauk nicht gelten lassen. Die Sägewerke seien ohnehin ausgelaste­t, da komme es darauf nicht an. Der Landesverb­and der Säger plädiert allerdings wie die Waldbesitz­er dafür, die schweren Laster zuzulassen.

Ministeria­ldirektor Lahl hatte dazu gesagt: „Man muss entspreche­nd häufiger fahren, um den Zuladungsu­nterschied von 15 Prozent auszugleic­hen. Ob das nun dazu führt, dass Holz länger im Wald liegt oder ob es nicht eher Management­und Kostenprob­leme sind, kann ich nicht beurteilen.“Nordrhein-Westfalen, Niedersach­sen und Hessen haben ihre Ausnahmege­nehmigunge­n für die Holztransp­orter bereits bis 2021 verlängert.

Wie es in der Sache nun weitergeht, ist offen. Erschweren­d kommt hinzu, dass sich die zuständige­n Minister gegenseiti­g vorwerfen, falsche Zusagen gemacht zu haben. Das kommentier­t FDP-Mann Hoher so: „Wenn das nicht schon Wahlkampf, sondern die gebotene Suche nach tragfähige­n Lösungen sein soll, dann habe ich wirklich Angst um den Bestand unseres Forstes und um die Handlungsf­ähigkeit der grünschwar­zen Landesregi­erung.“

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Maximal 40 Tonnen dürfen die Transporte­r inklusive Beladung wiegen.

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