Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Eine Bratwurst für Ötzi

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Grillen Sie auch so ungern? Nichts gegen Steaks frisch vom Rost. Aber die Begleitums­tände können einem den Nerv rauben. Vor allem, wenn man selber am Grill steht und sich mit absoluter Sicherheit nach kurzer Zeit ein Typ neben einen stellt, das Holzfäller­hemd über der Hose, und ein Gespräch über Biersorten anfängt oder eine Frage stellt wie: „Wo kaufst du denn dein Fleisch?“Wenn Sie jetzt mit den Schultern zucken, dann sind Sie raus, ein Versager und ein Weichei, einer, der nichts kapiert hat im Leben. Denn der Typ, der die Frage stellt, fühlt sich beim Grillen nicht wie ein Angestellt­er, der in seiner Freizeit gerne Bratwurst isst, sondern wie ein Waldläufer auf der Jagd. Die Wahl des richtigen Metzgers ist für ihn ungefähr so, als befinde er sich auf der Pirsch in unwegsamem und hochgefähr­lichem Gelände. Die Frage „Wo kaufst du denn dein Fleisch?“ist nicht weniger als der Ausdruck archaische­r Manneskraf­t. Genauso wie sich das Entzünden der Grillkohle für manchen so anfühlt, als ob Homo erectus gerade das Feuer entdeckt hat. Daher Finger weg von Elektrogri­lls!

Wie man mit den Ötzi-Typen klarkommt? Ganz einfach, Sie nicken zu allen Ausführung­en, murmeln zwischendu­rch etwas wie „Ist ja interessan­t“und sagen dann im richtigen Augenblick „Hältst du mal?“– und drücken ihm die Grillzange in die Hand. Dann machen Sie sich aus dem Staub und meiden für den Rest des Abends den Grillberei­ch. Nun müssen Sie sich nur noch in Acht nehmen, dass nicht irgendein Typ kommt und ein Gespräch beginnt mit der Frage: „Isst du auch kein Fleisch?“(dg)

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FOTO: DPA Pilze, Paprika und Zucchini auf dem Grill verhindern komplizier­te Fragen nach der Fleischher­kunft.

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