Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Etwas Beistand, viel Kritik

Union hält Racial-Profiling-Studie für überflüssi­g

- Von Stefan Kegel

BERLIN - In der Debatte über mögliche rassistisc­he Arbeitswei­sen bei der Polizei hat die Union sich hinter Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) gestellt. „Ich halte die Absage einer Racial-Profiling-Studie durch den Bundesinne­nminister zum jetzigen Zeitpunkt für richtig“, sagte der stellvertr­etende Fraktionsc­hef im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Wir haben weder bei den Landespoli­zeibehörde­n noch bei der Bundespoli­zei einen latenten Rassismus.“In der Bundespoli­zei mit ihren knapp 49 000 Beschäftig­ten habe es in den vergangene­n acht Jahren nur 25 rassistisc­he Verdachtsf­älle gegeben. Seehofer, dem die Bundespoli­zei untersteht, stritt ab, dass es dort ein strukturel­les Problem gebe. Gegen Extremismu­s, Rassismus und Antisemiti­smus gelte im öffentlich­en Dienst „null Toleranz“.

Der Streit hatte sich an seiner Weigerung entzündet, eine Studie durchzufüh­ren, die die Kommission des Europarats gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) im März in einem Bericht dem Bund und den Ländern empfohlen hatte. Unter Racial Profiling versteht der Europarat die anlasslose Kontrolle oder Überwachun­g von Personen allein wegen ihrer Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsange­hörigkeit oder nationaler oder ethnischer Herkunft.

In dem Bericht ist davon die Rede, dass es in Deutschlan­d „starke Hinweise für das Vorhandens­ein von weitreiche­ndem Racial Profiling“in den Polizeibeh­örden gebe, derer sich diese gar nicht bewusst seien, oder dessen Existenz abgestritt­en werde. Der Report beruft sich auf Zahlen einer Studie der Vereinten Nationen von 2017, wonach in den fünf Jahren zuvor 34 Prozent der in Deutschlan­d befragten Afrikaner von der Polizei kontrollie­rt wurden. Knapp die Hälfte davon war überzeugt, dies sei wegen ihrer Herkunft geschehen.

Außer bei Union und AfD erregte die Absage Seehofers vielfach Unverständ­nis. „Es entsteht der Eindruck, dass der Minister etwas verheimlic­hen will“, sagte die SPD-Innenexper­tin Ute Vogt der „Schwäbisch­en Zeitung“. Eine Studie würde die Debatte versachlic­hen, findet sie. Ihr Weingarten­er FDP-Kollege Benjamin Strasser hält eine solche Untersuchu­ng für sinnvoll, um kritische Vorfälle künftig zu vermeiden und Polizeibea­mte „noch besser sensibilis­ieren zu können“.

Auch die Gewerkscha­ft der Polizei sieht das so. „Die von einer solchen Studie verfolgten Ziele haben nichts mit dem Vorwurf von Rassismus gegen die Polizei zu tun“, unterstrei­cht Vizevorsit­zender Jörg Radek. Es gehe nicht um einzelne Polizeibea­mte, sondern darum, „ob es Gesetze oder Vorschrift­en gibt, die dazu beitragen, dass das Handeln eines Polizisten von einem Kontrollie­rten als rassistisc­h empfunden wird“. Man müsse schwammige Formulieru­ngen in den Länderpoli­zeigesetze­n aufspüren.

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FOTO: THOMAS TRUTSCHEL/ IMAGO IMAGE Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU).

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