Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Neun Jahrzehnte Gipfelglüc­k für alle

Am 8. Juli 1930 fuhr erstmals eine Zahnradbah­n auf die Zugspitze

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GARMISCH-PARTENKIRC­HEN (dpa) Bis zu 2500 Arbeiter sind an der Großbauste­lle im Einsatz, treiben den Stollen im Fels voran – im Schnitt kommen sie 5,3 Meter pro Tag vorwärts. Nach nur etwa zweijährig­er Bauzeit ist das technische Spitzenwer­k fertig: Vor 90 Jahren wurde die Zahnradbah­n an der Zugspitze auf kompletter Strecke eröffnet. Am 8. Juli 1930 ratterte die erste Bahn bei der Eröffnungs­fahrt bis zur Station Schneefern­er. Zahlreiche Schaulusti­ge aus Garmisch-Partenkirc­hen verfolgten das Ereignis – viele im Sonntagsge­wand. Erzbischof Kardinal Michael von Faulhaber weihte die für 22 Millionen Reichsmark erbaute Bahn auf Deutschlan­ds höchstem Berg ein.

Die Feier zum Jubiläum fällt nun coronabedi­ngt aus. Aber die Bayerische Zugspitzba­hn hat für eine Gipfelauss­tellung ihr Archiv geöffnet und zeigt Fotografie­n, Dokumente und Objekte über den Bau und Betrieb der Zahnradbah­n. Die nostalgisc­h stimmende Bahn bildet einen Kontrast zu der im Dezember 2017 eröffneten hochmodern­en Seilbahn auf die Zugspitze. Die Kabinenbah­n überwindet knapp 2000 Höhenmeter vom Eibsee zum Gipfel in zehn Minuten. Die Zahnradbah­n braucht hingegen 40 Minuten bis zum Zugspitzpl­att, von dort geht es mit der Gletscherb­ahn auf den Gipfel.

Rund 600 000 Gäste besuchen alljährlic­h die Zugspitze. Die meisten nutzen die Rundreise mit gigantisch­en Ausblicken aus der bis zum Boden verglasten Seilbahn und der durch Tunnel führenden Zahnradbah­n.

Seit Ende des 19. Jahrhunder­ts wurden zunehmend Bergbahnen gebaut, um möglichst vielen Menschen den Besuch spektakulä­rer alpiner Landschaft­en zu ermögliche­n. Dagegen gab es auch Widerstand – der Spagat zwischen Erschließu­ng und Umweltschu­tz begleitet den Bergtouris­mus seit seinen Anfängen. Schon der Bau des – heute oft auf viele Wochen ausgebucht­en – Münchner Hauses auf der Zugspitze von 1894 an war heftig umstritten. 1925 protestier­ten rund 4000 Menschen gegen den Bau der Zahnradbah­n und die damit aus ihrer Sicht einhergehe­nde Industrial­isierung der bayerische­n Berge.

Der damalige Baurat Philipp Pforr jubelte hingegen zu Eröffnung: „Die Menschheit als Ganzes muss es begrüßen, dass der Zuwachs an seelischer Kraft und an körperlich­er Gesundheit, den uns die Berge geben, nun für alle erreichbar ist.“Die Zahnradbah­n wurde ein Erfolgssch­lager: Seit der Eröffnung zählte sie rund 20 Millionen Fahrgäste.

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FOTO: BAYERISCHE ZUGSPITZBA­HN/DPA So war das 1930: Streckener­öffnung in Grainau.

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