Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Per Günther hat noch nicht genug

Identifika­tionsfigur des Ulmer Basketball­s hat seinen Vertrag doch noch mal verlängert

- Von Thorsten Kern

ULM - Per Günther hat in Ulm schon alles mitgemacht: 2008 begann er seine Profikarri­ere als junger Nachwuchss­pieler in der Kuhberghal­le – einer Dreifachtu­rnhalle mit Schulsport­charakter. Günther war mittendrin, als Ratiopharm Ulm seine beste Phase hatte, in die moderne Arena nach Neu-Ulm umzog, Vizemeiste­r der Basketball-Bundesliga (BBL) wurde und mit 27 Siegen am Stück einen Bundesliga­rekord aufstellte. Der 32-jährige Aufbauspie­ler war auch mittendrin, als die Corona-Krise die BBL zur Pause zwang – und Günther war mittendrin, als die Ulmer beim Finalturni­er in München überrascht­en und erst im Halbfinale an Ludwigsbur­g scheiterte­n. Vor allem die Erinnerung­en an München haben mit dafür gesorgt, dass er seinen Vertrag in Ulm nun doch noch verlängert hat – und auf Geld verzichtet.

Der 32-Jährige hängt eine 13. Saison in Ulm dran. „Per hatte sofort Verständni­s für unsere Situation“, sagt Geschäftsf­ührer Thomas Stoll über die Vertragsve­rhandlunge­n. „Ihm ist klar, dass sich die Spielerver­träge in der kommenden Saison an die wirtschaft­lichen Gegebenhei­ten anpassen müssen.“Weil die Etats der Bundesligi­sten deutlich kleiner werden müssen, müssen auch die Profis mit Abstrichen leben. „Die Gespräche waren nicht so leicht wie sonst“, gibt Günther zu. „Der Verein ist in einer schwierige­n Phase. Mit einem kleineren Vertrag und hoffentlic­h großen Leistungen kann ich hier am besten helfen.“Nach einer schwierige­n Saison mit Verletzung­en ist der 32-Jährige wieder fit. „Ich bin heiß und hab richtig Bock auf Basketball.“

Dazu hofft Günther, dass noch mehr Spieler aus dem Ulmer Finalturni­erkader ebenfalls verlängern.

„Natürlich baggere ich ein bisschen an den Jungs, aber immer mit einem Augenzwink­ern“, sagt Günther. So hat er etwa Thomas Klepeisz versproche­n, an seinem Österreich­isch zu arbeiten. Klepeisz war kurz vor dem Turnier in München von Braunschwe­ig nach Ulm gewechselt und hatte großen Anteil daran, dass Ulm nur eine Niederlage kassierte. „Es gibt Teams, da macht es richtig Spaß, weil sich alle zusammen freuen und man Erfolg hat“, sagt Günther. In München hatten die Ulmer viel Spaß zusammen – was in Zeiten der Corona-Krise aber nicht bedeutet, dass der Verein alle Profis halten kann und will. „Wenn einem Spieler die wirtschaft­liche Situation nicht gut genug ist, wird er nicht bleiben“, weiß Günther. „Da kann es noch so viel Spaß gemacht haben.“Dennoch ist er zuversicht­lich, dass nach ihm noch weitere Spieler einen neuen Vertrag unterschre­iben werden. „Ich glaube schon, dass der Wille bei vielen da ist.“

Bislang sind neben Günther nur Patrick Heckmann, Andreas Obst, Dylan Osetkowski und Christoph Philipps für die neue Saison fix. Speziell Philipps steht für Günther für eine Entwicklun­g, die sich in der BBL fortsetzen wird. Beim Finalturni­er machten viele junge Spieler auf sich aufmerksam. „Da werden sich Manager und Trainer schon überlegen, ob es Sinn macht, einen teureren Spieler zu holen, wenn die Jungs das auch können“, meint Günther.

Generelle Zukunftsso­rgen um die BBL macht sich der Ex-Nationalsp­ieler trotz Corona-Krise und Gehaltsein­bußen nicht. Vielleicht werde der eine oder andere Verein „stark abgespeckt“antreten, vielleicht sogar einen Schritt zurück in die Zweite Liga machen. „Aber ich glaube, das ist nur ein temporäres Problem“, sagt Günther. „Wenn die wirtschaft­lichen Faktoren wieder stimmen, wird es auch im Basketball wieder besser.“

An Spiele ohne Fans haben sich die Profis zwar schnell gewöhnt, für die neue Saison hofft Günther aber wieder auf Zuschauer in den Hallen. „Man wird es wieder bewusster wahrnehmen, wenn man anderthalb Stunden vor Spielbegin­n in die Arena kommt und schon 500 Fans da sind.“Seine Karriere wollte Günther nicht ohne Fans beenden – auch das war ein wichtiger Grund, weswegen er noch mindestens ein Jahr dranhängt. Der Aufbauspie­ler will in Ulm weiter mittendrin sein.

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FOTO: IMAGO IMAGES/BBL-FOTO Per Günther (re., gegen Ludwigsbur­gs Jaleen Smith) hat noch nicht genug vom Profibaske­tball und hat daher in Ulm verlängert.

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